Terpe und Ostendorff unterwegs in M-V

Harald Terpe war mit Friedrich Ostendorff MdB in den Landkreisen Güstrow, Demmin und Müritz unterwegs. Thema: Landwirtschaft.

17.05.10 –

Besuch in Mamerow, Landkreis Güstrow

Vormittags ging es zum zweiten Mal nach Mamerow, wo eine Bürgerinitiative (BI) um Ulrike Beseler gegen die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage kämpft. Für das Vorhaben beantragte der Investor Markus Böckermann, 8 ha aus dem Landschaftsschutzgebiet heraus zu lösen. Terpe betonte, dass dem Landkreis eine hohe Verantwortung zukäme, den Schutzstatus des Landschaftsschutzgebietes zu erhalten und er weiterhin in Kontakt mit der BI bleibe. Entscheidend sei, dass für das Gebiet ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird. Friedrich Ostendorf, seit 42 Jahren Landwirt, unterstrich, dass sich Bündnis 90/Die Grünen für eine Änderung des § 35 BauGB einsetze, um der bevorzugten Behandlung der gewerblichen Tierhaltung einen Riegel vorzuschieben ohne die nötigen Entwicklungsmöglichkeiten bäuerlicher Betriebe zu behindern. Zudem fordern die Grünen eine Bindung der Agrar- und Investitionsförderung an flächengebundene Tierhaltung und umweltbezogene Mindeststandards. Der Gesundheitspolitiker Terpe warnte: „Die Gefahr der Krankheitskeime MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus Aureus), die unter anderem vermehrt in großen Hähnchenmastanlagen vorkommen, muss sehr erst genommen werden. Hier besteht dringend Handlungsbedarf.“

Besuch in Rosenow-Luplow, Landkreis Demmin

Mittags ließen sich die Bundestagsabgeordneten das Energiekonzept der Gemeinde Rosenow-Luplow vom Bürgermeister Norbert Stettin erläutern. Der kleine Ort beteiligt sich an den Bioenergiedörfern. Andreas Tornow vom Müritz Biomassehof demonstrierte den Holzvergaser und seine Solaranlagen, die sich inzwischen längst amortisiert haben. In den letzten Jahren ist die Hanfverarbeitung neu hinzugekommen. Hier sieht Tornow ein riesiges Potential für Industriefasern und wertvolle Öle. Das Hauptproblem sei, an das notwendige Investitionskapital zu kommen. Seit April diesen Jahres ist ein neues Kompakt-Rapsöl-Blockheizkraftwerk in Betrieb. Seit längerem ist der Fahrzeugbetrieb auf Rapsöl umgerüstet. Jana Schäfer vom Luplower Kräutersalat beköstigte die kleine Delegation mit leckerer Suppe, Schmalzstullen und Minzwasser.

Marihn, Landkreis Müritz

Nachmittags führte die M-V-Tour die grünen Abgeordneten in den Landkreis Müritz zum Schloss und Garten von Marihn, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft in Klein Lukow eine Hähnchenmastanlage mit 300.000 Tieren geplant ist. In Marihn trafen Sie unter anderem auf Dr. Jürgen Buchwald, Abteilungsleiter 3 des Landwirtschaftsministeriums von M-V. Schlossherr Horst Forytta erläuterte vor Ort das Tourismuskonzept. Marihn ist mit seinem liebevoll restaurierten Herrenhaus und seiner schönen Gartenanlage als Außenstandort der BUGA 2009 ein wahres touristisches Highlight in der ansonsten strukturschwachen Region. Hier blühen die weltberühmten englischen David-Austin-Rosen. Marihn wurde 2007 sogar als kleinste „Citta slow“ der Welt ausgezeichnet. Hierbei geht es vor allem um regionale, gesunde Lebensmittel, Lebensfreude und ein regionaltypisches Lebensumfeld. Zudem wurde hier kürzlich die Gartenakademie Mecklenburg-Vorpommern gegründet. „Dieses sensible Tourismuskonzept würde von der geplanten Geflügelmastanlage konterkariert werden“, ist Terpe überzeugt.

Klein Lukow, Landkreis Müritz

Am Abend lud Dr. Harald Terpe als Moderator zu einer Podiumsdiskussion „Agrarindustrie versus kleinbäuerliche Landwirtschaft – Focus Geflügelmastanlagen“ in den Dorfclub von Klein Lukow.

Der Einladung waren über 80 Gäste gefolgt. Auf dem Podium saßen Dr. Jürgen Buchwald, Dr. Martin Piehl (Hauptgeschäftsführer Landesbauernverband MV), Friedrich Ostendorff, Andrea Nagel (Geschäftsführerin Tourismusverband Mecklenburgische Seenplatte) sowie Jana Wolf und Frank Kluge von der Klein Lukower BI „Leben im Dorf“.

Der Investor, Herbert Kraus, hielt ein Statement für seine Hähnchenmastanlage. Er warb damit, sein Getreide aus Rostock an die Hühner zu verfüttern, durch den organischen Dünger Kunstdünger einzusparen und er wolle die Anlage schnell eingrünen, damit sie nicht mehr sichtbar sei. Das konnte die Klein Lukower Dorfbewohner nicht so recht überzeugen. Bereits jetzt sind sie durch das Anfahren von Gülle für die örtliche Biogasanlage stark lärmgeschädigt. Sie befürchten bei der geplanten Hähnchenmastanlage weiteren Lärm und Gestank.

Dr. Martin Piehl argumentierte, dass MV im Verhältnis zu südlichen Bundesländern noch das 3-5fache an Tieren pro Fläche vertragen könne. Ostendorff hielt dagegen, daß ¼ der Hühnchen bereits jetzt an Drittländer gehe, wo sie nicht etwa die Welternährung lösen sondern die Märkte kaputt machen.

Andrea Nagel gab zu Bedenken, dass Marihn aus dem Dornröschenschlaf erwacht sei und hierzu keine Hähnchenmastanlage passe, auch wenn sie ansonsten Tierproduktion im ländlichen Raum unterstützen würde.

Dr. Buchwald betonte, dass wir im ländlichen Raum sowohl für den Tourismus als auch für die Land- und Ernährungswirtschaft hervorragende Bedingungen hätten. Solange beide sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten, schließe das eine das andere nicht aus. Darauf äußerte Ostendorff unter Beifall: „Warum kommt denn keiner auf die Idee in Vechta Urlaub zu machen? Oder warum baut kein Investor den Stall direkt vor seiner Hütte?“

Biolandwirt (Neulandhof Siemitz) Helmut Peters aus dem Publikum unterstrich, dass die Verantwortung bei allen liege. Die Werbung führe die Verbraucher in die Irre. Hier fehle eine entsprechende Kennzeichnung. Der Verbraucher will häufig nur billig einkaufen. Der Landwirt hat eine Verantwortung gegenüber den Tieren, dass sie artgerecht gehalten werden.

Andrea Nagel ergänzte, dass der Tourist gerne Produkte aus der Region kaufen möchte, sie in den Hotels und Gaststätten aber häufig nicht antrifft. Es meldeten sich viele Interessierte aus dem Publikum, so dass die Veranstaltung um gut eine halbe Stunde überzogen wurde.

Abschließend sagte Ostendorff: „Hauptgrund der zahlreichen Zulassung neuer Massentierhaltungsanlagen in ganz Deutschland ist eine zu großzügige Auslegung des Baugesetzbuches, das die gewerbliche Massentierhaltung zu den Vorhaben rechnet, die gerade im Außenbereich privilegiert zulässig sind. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für eine Änderung des Baugesetzbuches ein und haben einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorbereitet. Ich bin nach den letzten Wahlen in NRW optimistisch was die Mehrheitsfindung anbelangt.“

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