Wie wirksam ist Alkoholprävention?

Glaubt man der Bundesregierung, verringern ihre Kampagnen den riskanten Alkoholkonsum. Aber stimmt das wirklich?

19.09.12 –

In der Alkoholprävention ist ein Neustart nötig. Viel Geld wird für massenmediale Kampagnen ausgegeben, deren Nutzen nicht belegt ist. Auch Alkoholverbote werden vielerorts diskutiert. Auf wirksame Maßnahmen hingegen verzichtet die Bundesregierung weitgehend.

So gibt die Bundesregierung allein in diesem Jahr 1,7 Millionen Euro für die Alkoholprävention bei Jugendlichen aus. Kampagnen wie „Null Alkohol – Voll Power“ und die gemeinsam mit dem Verband der privaten Krankenversicherungen finanzierte „Alkohol? Kenn Dein Limit!“ sollen vor allem das Rauschtrinken von Kindern und Jugendlichen verringern. Glaubt man der Bundesregierung, dann ist letztere Kampagne besonders erfolgreich. Das sollen aktuelle Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bekräftigen. Doch bei Lichte besehen, sind diese Zahlen keineswegs ein Beleg für den Erfolg dieser sich an 16- bis 20jährige richtenden Kampagne. So ist die 30-Tage Prävalenz des Rauschtrinkens in der Altersgruppe der 16 bis 21jährigen männlichen Jugendlichen gestiegen. Und in der Gruppe der 18 bis 21jährigen hat das häufige Rauschtrinken (vier Mal im Monat) ebenfalls zugenommen.

Wenig Belege für Nutzen dieser Art der Prävention

Eine Studie des von der Bundesregierung finanzierten Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) kritisiert die Alkoholprävention vor diesem Hintergrund ganz grundsätzlich. In Deutschland würden weitestgehend nicht evaluierte Präventionsprojekte eingesetzt. Eine grundsätzliche Neuausrichtung des Einsatzes von Präventionsmaßnahmen sei notwendig. Nur so könnten die vorhandenen finanziellen Mittel sinnvoller und effizienter eingesetzt werden. Auch die beiden von der Bundesregierung finanzierten Kampagnen kommen nicht gut weg. So sei die Kampagne „Alkohol? Kenn Dein Limit!“ gemessen an ihren Zielen bislang nicht erfolgreich. Und zu „Null Alkohol – Voll Power“ heißt es: „Ob durch die Kampagne eine Verhaltensänderung erfolgt und exzessiver Alkoholkonsum reduziert wird, ist nicht belegt.“

Bundesregierung lehnt wirksame Maßnahmen ab

Schon lange wird von Fachleuten bezweifelt, dass die von der Bundesregierung vorzugsweise praktizierte massenmediale Prävention wirksam ist. So schätzte schon 2006 eine Untersuchung im Auftrag der Europäischen Union ein, dass die Wirksamkeit isolierter Medienkampagnen eher gering ist. Hingegen empfahl die Untersuchung eine bessere Evaluation und Verknüpfung der Präventionsmaßnahmen, Verbesserungen beim Jugendschutz sowie eine Einschränkung der Alkoholwerbung im Kino und im Fernsehen.

Massenmediale Kampagnen können dann sinnvoll sein, wenn sie in ein Gesamtkonzept aus verschiedenen verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen eingebunden sind. Doch davon will die Bundesregierung nichts hören. Verhältnispräventive Instrumente wie Warnhinweise oder  eine wirksamere Verhinderung von an Kinder und Jugendliche gerichtete Alkoholwerbung lehnt die Bundesregierung vor allem aus Rücksicht auf die Alkoholindustrie bislang ab. Schlimmer noch: Obwohl sie es besser wissen müsste, setzt sie in ihrer jüngst beschlossenen Strategie zur Drogen und Suchtpolitik weiter vorrangig auf massenmediale Prävention, eine wissenschaftliche Evaluation der Maßnahmen ist nicht vorgesehen, zur Alkoholwerbung im Fernsehen existiert lediglich ein Prüfauftrag für eine Studie.

Kategorie

Drogen & Sucht | Gesundheit