E-Zigaretten und E-Shishas

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jugendschutz hat da seine Berechtigung, wo wir fürchten müssen, dass die Schutzbefohlenen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, insbesondere dann, wenn sie gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, die für sie vielleicht stärker sind als für Erwachsene, weil das Gesundheitsrisiko entsprechend früher im Lebenszyklus einsetzt. Ich gehe auch so weit, zu sagen, dass man, wenn ein solches Risiko nicht explizit mit starken Argumenten nachweisbar ist, trotzdem im Jugendschutz Regelungen treffen kann, indem man sagt: Weil das Risiko vielleicht besteht, muss man gesetzliche Regelungen treffen.

Nun stellt sich die Frage: Ist dieses Gesetz an dieser Stelle zielführend? Es ist schon gesagt worden, dass es um den Konsum von elektronischen Zigaretten und E‑Shishas geht. Wenn man sich einmal umhört, fragt man sich, ob es zielführend ist, weil damit verschleiert wird, worum es eigentlich geht. Es geht gar nicht um die elektronische Zigarette als solche und um die E‑Shisha als solche, sondern um das, was damit verdampft und verraucht wird. Es wird Gott sei Dank in der Begründung deutlich – das wissen wir auch alle –, dass es natürlich in erster Linie um Nikotin geht.

Insbesondere in Deutschland war Nikotin als Liquid in der Dosis nicht beschränkt wie jetzt nach der europäischen Richtlinie. Nicht nur für Erwachsene, sondern besonders für Kinder besteht die Gefahr, dass Nikotin nicht erst über den Genuss von Jahren und Jahrzehnten irgendeine krankmachende Funktion hat, nämlich die Abhängigkeit erzeugt, sondern direkt zum Tode führt. Nikotin ist ein hochtoxischer Stoff und kann direkt zum Tode führen. Insofern war natürlich klar, dass sich die Diskussion zunächst am Nikotin entspann. Nun wird durch eine Art Umweggesetzgebung – Gesetze, die den Trigger oder den Vektor betreffen, der dieses Nikotin oder andere Liquids als Dampf dem kindlichen oder dem jugendlichen Körper aussetzt – vorgenommen. Insofern kann man sagen: Natürlich erreicht man mit diesem Gesetz, indem man die Vektoren beschränkt, auch das Ziel. Man kann nicht nach der Art vorgehen, indem man sagt: Wir verhindern den Genuss des Eintopfs, indem wir die Töpfe verbieten. – Aber wir gehen trotzdem mit, weil wir damit tatsächlich Nikotinliquids und auch die möglicherweise krankmachenden Inhalate der Ausgangsprodukte von Liquids regulieren.

Trotzdem muss man noch einmal darauf hinweisen, dass die Datenlage wesentlich dünner ist als beim Tabakrauchen. Hier möchte ich dem Kollegen Koob von der CDU noch einmal sagen: Es gibt seit Jahrzehnten Studien zum Tabakrauchen. Auch die Gesetzgebung zum Schutz vor Passivrauchen, bei der ich sozusagen maßgeblich Treiber war, zielte darauf ab, dass Tausende von Passivrauchern versterben, weil sie passivrauchen. Da ist tatsächlich der Satz gerechtfertigt: Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo er in die Freiheit eines Dritten eingreift. – Aber die Datenlage – das muss man schon sagen – für die Liquids ist bei weitem nicht so. Hier gibt es keine Studienergebnisse. Deshalb würde ich schon verlangen, dass wir uns nach wie vor um Studienergebnisse bemühen.

In dem Gesetzentwurf kommt das Thema der Verhaltensprävention viel zu kurz. Das Informieren der Konsumenten über Gefahren müssen wir ausbauen. Hier hat der Kollege Tempel völlig recht.

Ich denke, in Ihrer Entschließung machen Sie wieder etwas, was bereits bei der Richtlinie gemacht worden ist: Sie gehen bei den Werbeverboten nicht weit genug.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich kann nicht verstehen, wieso man immer noch und sogar im Zusammenhang mit Jugendschutz eine Beißhemmung für Werbeverbote hat. Das ist mir völlig unverständlich. Insofern ist dort der Ansatz zur Verhaltensprävention völlig unterbelichtet oder unterkomplex.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Vielen Dank. – Das war jetzt ein guter Schluss, Herr Kollege.

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir stimmen aber dem Gesetz zu, weil der Jugendschutz natürlich auch mit diesem Gesetz gestärkt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

 

Die vollständige Rede können Sie sich auch hier als Video ansehen.

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