Ein Anfang ist gemacht

Die von allen Fraktionen des Bundestags getragenen Änderungen des Transplantationsgesetzes sind sinnvoll – aber sie reichen nicht aus.

21.06.13 –

Die Skandale um die Organspende haben das Vertrauen der Bevölkerung und so mancher Klinik in die Transplantationsmedizin nachhaltig erschüttert. Indiz dafür sind die sinkenden Spenderzahlen. So schlimm dies für die Personen, die auf der Warteliste für ein lebenswichtiges Organ stehen, auch ist: Einen Vorwurf kann man den Bürgerinnen und Bürgern nicht machen, wenn sie ihre Entscheidung zur Organspende  angesichts solcher Manipulationen überdenken.

Wichtigstes Mittel, um das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen, ist eine Strukturreform der Transplantationsmedizin. Zwar wurde viele der Faktoren, die zu den Manipulationen geführt haben, erkannt; es wurden allerdings nicht immer Konsequenzen daraus gezogen.

Ein erster Schritt sind die nun von allen Bundestagsfraktionen einvernehmlich beschlossenen Änderungen des Transplantationsgesetzes. Sie setzen an zwei Punkten an, die bislang vernachlässigt wurden:

Zum einen wird ein Straftatbestand geschaffen, der Wartelistenmanipulationen zukünftig unter Strafe stellt. Auf Betreiben insbesondere der FDP-geführten Ministerien für Gesundheit und Justiz wurde dieser Tatbestand zwar so eng gefasst, dass eine Verurteilung in der Praxis mitunter an Beweisproblemen scheitern kann. Ein Anfang ist aber gemacht, indem zumindest solche Akteure, die PatientInnen mittels falscher Werte zielgerichtet auf der Warteliste nach vorne zu schieben versuchen, zukünftig mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müssen.

Zu anderen werden auch die Festlegungen, die die Bundesärztekammer in ihren Richtlinien trifft, zukünftig transparenter. Denn die Richtlinien müssen nun dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt und von diesem genehmigt werden. Auch kann das Ministerium eine zusätzliche Begründung zu einzelnen Regelungen anfordern. Diese Änderung dienen einer (vorerst) besseren rechtsstaatlichen Anbindung der Richtlinien.

Die vielen Enthüllungen der letzten Monate haben gezeigt, dass es sich dabei eben nicht – wie oft behauptet – um bedauerliche Einzelfälle handelt. Der Fehler steckt im System. Leider haben sich Regierungskoalition und SPD dagegen entschieden, die problematischen Strukturen in der Transplantationsmedizin anzugehen.

Es gab kein Nachdenken darüber, ob die nun vorgeschlagenen regelmäßigen Kontrollen durch die Prüfungs- und Überwachungskommission bei deren ehrenamtlicher Struktur überhaupt leistbar sind. Auch wurde nicht darüber nachgedacht, ob eine rechtsstaatliche Kontrolle nicht mehr sein muss, als ein paar Vertreter von Bund und Ländern in Gremien privater Institutionen wie die Bundesärztekammer und die Deutsche Stiftung Organtransplantation zu entsenden. Und auch nicht, ob die Koordination und Kontrolle des Transplantationswesens besser einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung übertragen werden sollte, die nicht mit der Szene eng verflochten ist.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, in dem sie eben solche Konsequenzen fordert („Organspende in Deutschland transparent organisieren“, BT-Drucksache 17/11308). Wir wollen die Koordination der Organspende auf eine öffentlich-rechtliche Einrichtung übertragen, die der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit unterliegt. Diese Einrichtung soll auch die Kontrolle der am Transplantationsgeschehen beteiligten Einrichtungen übernehmen. Die Kontrolleure müssen unabhängig und nicht aktiv am Geschehen beteiligt sein.

Gleichzeitig fordern wir, dass die Qualität von Transplantationen – beispielsweis im Rahmen eines Transplantationsregisters - dauerhaft überwacht wird. Anhand dieser Daten wird es auch leichter möglich sein, den wirklichen Bedarf an Transplantationszentren besser zu ermitteln. Gemeinsam mit den Ländern muss dann geprüft werden, ob die Zahl von rund 50 Transplantationszentren reduziert wird, um den starken Konkurrenzdruck unter den Zentren zu verhindern.

Auch  sollen alle Organvermittlungen, die auf Ausnahmeregelungen basieren, unter Beachtung des Datenschutzes in einem öffentlichen Register aufgeführt werden. So wollen wir Manipulationen vorbeugen. Zudem wollen wir die Bundesregierung verpflichten, dem Bundestag jährlich einen Bericht über Umfang und Entwicklungen der Transplantationsmedizin in Deutschland vorzulegen, damit der Gesetzgeber in der Lage ist, Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Solange es – wie bislang - bei kleinteiligen Änderungen des Transplantationsgesetzes bleibt, wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende kaum größer werden. Hier allein mit Aufklärungs- und Plakatkampagnen gegensteuern zu wollen, ist naiv. Die Menschen werden den Eindruck gewinnen, dass sie eher zur Organspende überredet als durch transparente Regelungen und Strukturen von ihr überzeugt werden sollen.

Kategorie

Gesundheit