Schwarz-gelbes Versorgungsgesetz beglückt Ärzte

Patientenorientierung bleibt bei Union und FDP erneut auf der Strecke

01.12.11 –

Das von der Koalition heute beschlossene GKV-Versorgungsstrukturgesetz ist in Teilen eine gesundheitspolitische Rolle rückwärts. Das aber ist schon die einzige spezifische Richtung, der dieser Gesetzentwurf folgt. Ansonsten ist der Gesetzentwurf ein Sammelsurium unterschiedlichster Regelungen. Ein gesundheitspolitischer Kompass ist nicht erkennbar.

Das Versprechen einer Verbesserung der Versorgungsstrukturen wird mit dem Gesetz nicht eingelöst. Wirksame Strukturveränderungen vor dem Hintergrund der demographischen Veränderungen und der sich ändernden Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten fehlen in dem Gesetz fast völlig. Anreize für eine bessere Vernetzung der verschiedenen Versorgungssektoren? Fehlanzeige. Schritte zu einer engeren Zusammenarbeit ärztlicher und nichtärztlicher Gesundheitsberufe? Fehlanzeige. Aufwertung der Primärversorgung bzw. Hausarztmedizin? Ebenfalls Fehlanzeige. Union und FDP verpassen so die Chance, die Strukturen des deutschen Gesundheitswesens patientenorientierter und gerechter zu gestalten.

Stattdessen finden sich vor allem Regelungen in dem Gesetz, die den Leistungserbringern nützen. So bekommt die ärztliche Klientel eine erneute Honorarreform geschenkt, die zwar erhebliche finanzielle Risiken für die gesetzliche Krankenversicherung beinhaltet aber keine Anreize für eine bessere Versorgung schafft. Im Gegenteil. Statt die Honorarverteilung auf der Grundlage rationaler Kriterien transparent zu organisieren, besteht nun die Gefahr, dass sich jene beim Gerangel am Honorartopf durchsetzen, die die längsten Löffel haben.

Die Koalition aus Union und FDP folgt vor allem dem Grundsatz "Was gut ist für Leistungserbringer muss auch gut sein für die Patientinnen und Patienten." Dass das nicht stimmt, zeigen die Regelungen für den neuen spezial(fach)ärztlichen Sektor. Hier wird eine an sich gute Idee, die Zusammenlegung des ambulanten und stationären Sektors für bestimmte Erkrankungen, so ausgestaltet, dass sie zwar Krankenhäusern und Ärzten nutzt, nicht aber den Patientinnen und Patienten. Es fehlen nämlich die Instrumentarien, mit denen die Krankenkassen die Versorgung steuern und gute Qualität belohnen können.

Unzureichend sind die Maßnahmen zum Abbau der Überversorgung, weil die Bundesregierung auch hier weitgehend auf wirksame Anreize verzichtet. So schafft sie auf Wunsch der Ärzteschaft den Honorarabschlag in überversorgten Regionen wieder ab. Auch die Stilllegung von Arztpraxen in überversorgten Regionen ist so ausgestaltet, dass hier nichts gegen den Willen der Ärzteschaft geht.

Inkonsequent ist die Reform der Bedarfsplanung. Statt eine auf gründlichen Versorgungsanalysen fußende Planung zu etablieren, werden lediglich vorhandene Verhältniszahlen fortgeschrieben. Auch die nach Sektoren getrennte Planung bleibt unangetastet.

Insgesamt entstehen für die gesetzlichen Krankenkassen und somit für deren Versicherte etwa durch eine in dieser Form überflüssige ärztliche Honorarreform erhebliche Kostenrisiken. Die Bundesregierung bricht auch ihr Versprechen eines steuerfinanzierten Sozialausgleichs für Versicherte, die sich steigende Zusatzbeiträge wegen eines geringen Einkommens nicht leisten können. Kurzum: Die Interessen der Patientinnen und Patienten aber auch der Versicherten bleiben auf der Strecke.

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Gesundheit