Zahnmedizin: Viele Methoden ohne Evidenz

Für viele Behandlungsmethoden in der Zahnmedizin existieren keine evidenzbasierten Standards. Kein großes Problem für die Bundesregierung.

08.06.12 –

Bewertung der Anwort auf unsere Kleine Anfrage "Versorgungsqualität in der Zahnmedizin"

Die Bundesregierung gibt in der Antwort auf Frage 9 unserer Kleinen Anfrage zu, dass in wesentlichen Teilen der Zahnmedizin auf evidenzbasierte Qualitätsstandards verzichtet wird. Es existieren also keine Leitlinien. Das bedeutet, dass man dort Behandlungsmethoden anwendet, bei denen man nicht immer sagen kann, ob das wirklich wirkt. An die Stelle von Leitlinien treten "bewährte zahnärztliche Behandlungsregeln". Das ist eigentlich erstaunlich im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin.

Die Bundesregierung scheint keine großen Probleme damit zu haben. Dabei wäre es denkbar, dass man in der Versorgungsforschung einen Schwerpunkt auf die Zahnmedizin setzt. Das passiert aber nicht, obwohl sie in der Antwort zugibt, dass es in Deutschland im Bereich der zahnmedizinischen Versorgungsforschung einen erheblichen Nachholbedarf gibt.

Strukturen

Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde 2011 die Grundlohnratenbindung in der vertragszahnärztlichen Vergütung aufgehoben (mit Wirkung zum 1.1.2013).

Wir haben nun gefragt, welches die Gründe für die Kostensteigerungen sind, ob es beispielsweise durch den demographischen Wandel zu Kostensteigerungen kommt, die den Wegfall der Grundlohnratenanbindung rechtfertigen würden. Im Bereich der Vertragsärzte wurde das seinerzeit nachvollziehbar mit der Morbiditätsentwicklung begründet. Allerdings gibt die Bundesregierung durch die Blume selbst zu, dass die Kosten und das Leistungsaufkommen durch das Älterwerden eher sinken werden. Ansonsten drückt sie sich vor klaren Aussagen. Das ist verständlich: Im Grunde müsste sie zugeben, dass die Kostensteigerungen in der Zahnmedizin nicht durch die Morbiditätsentwicklung induziert werden.

Seit 1992 ist die Zahl der Zahnärzte um 20 Prozent gestiegen, auch der Wegfalls der Zulassungssteuerung in 2007 hat dies befördert. Mehr Zahnärzte rechnen mehr ab, das Budget wird schneller ausgeschöpft, das dem einzelnen Arzt zur Verfügung stehenden GKV-Honorarvolumen sinkt. Darauf deuten auch die eher unterdurchschnittlichen Zuwächse bei den Einnahmen der Zahnärzte aus GKV-Tätigkeit (1,3 Prozent pro Jahr seit 1992). Die Bundesregierung behauptet ikeine Vergleiche zu anderen Arztgruppen zu haben. Auf Seite 100 des KZBV-Jahrbuches 2010 findet sich allerdings eine solche Angabe: Danach wird deutlich, dass die Zahnärzte auf der Einkommensskala im Vergleich zu anderen Arztgruppen spürbar abgerutscht sind.

Im Zusammenhang mit den Kosten steht auch die Effizienz der Versorgung. Internationale Vergleiche zeigen, dass die Kosten und die Zahnarztdichte in Deutschland bei gleichem Ergebnis in Deutschland höher sind als etwa in Schweden oder Australien. Der Bundesregierung ist dies offensichtlich egal.

Fazit

Die zahnärztliche Versorgung stellt den immerhin viertgrößten Ausgabenanteil der GKV dar. Von daher ist es erstaunlich, dass hier bei wesentlichen Teilen der Versorgung keine evidenzbasierten Qualitätsstandards existieren und die Bundesregierung wenig Neigung zeigt, die Behebung dieses Mißstandes tatkräftig zu unterstützen. Deutlich wird auch, dass bei der Aufhebung der Budgetierung durch das GKV-VStG weniger die Morbiditätsentwicklung im Vordergrund standen.

Kategorie

Gesundheit