Fahrt in den Nebel?

Die neue Drogenbeaufragte verzichtet bislang auf konkrete Aussagen - und 2010 sogar auf den Drogen- und Suchtbericht. Das ist keine gute Idee.

27.04.10 –

In diesem Jahr wird es keinen Drogen- und Suchtbericht geben. Das ist die wahrscheinlich konkreteste Aussage in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion insbesondere zur Tabak- und Alkoholprävention. Die Regierung begründet ihren Entschluss damit, dass im November 2009 der Reitox-Bericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle mit den Daten des Jahres 2009 veröffentlicht worden sei. Für einen eigenen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung für den Zeitraum 2009 gäbe es daher keinen Grund. Nur: Der Reitox-Bericht referiert vor allem Daten und Konsumtrends, eine politische Einordnung und Bewertung beziehungsweise ein drogenpolitisches Programm ist er gerade nicht. Das kann nur heißen: Die neue Drogenbeauftragte weiß noch immer nicht genau, wohin die Reise gehen soll. Sie weiß wohl nur, was sie nicht will.  

In der Gesamtschau der Antworten wird zudem deutlich: Die neue Bundesregierung hat ein eigenartiges Verständnis von Prävention. Von einem wirksamen Gleichklang aus Verhaltens- und Verhältnisprävention hat sie wohl noch nie etwas gehört.

Inhaltsleere Antworten - inhaltsleere Drogenpolitik?

Im Juni 2008 hatte der Drogen- und Suchtrat der Bundesregierung Empfehlungen für Nationale Aktionsprogramme zur Alkohol- und Tabakprävention vorgelegt. Sie enthielten pragmatisch angelegte Präventionsinstrumente, die zu einer Reduzierung des Tabakkonsums sowie der riskanten Formen des Alkoholkonsums führen sollten. Doch zu einer Verabschiedung durch die Bundesregierung kam es nie. Die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung kritisierte im Mai 2009 in einer Pressemitteilung die "Blockadehaltung der CDU/CSU-geführten Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)". Wir wollten daher in unserer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung die Gründe für das Scheitern der Vorschläge des Drogen- und Suchtrates erfahren. Zugleich wollten wir wissen, ob die neue Bundesregierung einen neuen Anlauf in der Tabak- und Alkoholprävention nehmen würde.

Um es vorweg zu sagen: Sollte die künftige Drogenpolitik der Regierung ebenso gehaltvoll sein, wie die Antwort auf unsere Kleine Anfrage, dann droht - drogenpolitisch gesehen - eine Fahrt in den Nebel. Die neue Bundesregierung redet zwar von "grundsätzlichen Erwägungen", die die Blockade der Präventionsprogramme seinerzeit begründet hätten. Welche das konkret waren, bleibt indes im Dunkeln. Auch auf die Frage, ob Presseberichte zuträfen, nach denen die Alkoholindustrie an der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums zu den Präventionsprogrammen mitgewirkt habe, antwortet die Bundesregierung ausweichend. Keine Antwort ist eben auch eine Antwort.

Bundesregierung weiß lediglich, was sie nicht will

Die Bundesregierung plant für 2010 offenbar eine Überarbeitung des aus dem Jahr 2003 stammenden Aktionsplans Drogen und Sucht. Verstärkte Ansätze im Präventionsbereich hätten dabei für sie Vorrang. "Bewährte Strategien" in der Drogen- und Suchtpolitik würden aber "Kontinuität haben". Auch hier verzichtet die Bundesregierung auf konkrete Aussagen. Sie weiß vor allem, was sie nicht will. Denn Maßnahmen, wie sie in den gescheiterten Aktionsprogrammen zur Alkohol- und Tabakprävention zu finden waren, lehnt die Bundesregierung ab. Null Promille im Straßenverkehr? Fehlanzeige. Mehr Jugendschutz in der Werbung? Fehlanzeige. Verzicht auf Zigarettenautomaten in der Öffentlichkeit? Ebenfalls Fehlanzeige.

Kategorie

Drogen & Sucht | Gesundheit

Listenansicht   Zurück