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29.10.10 –
Sie schleppen Getränkekisten, klettern furchtlos aufs Dach, um die Regenrinne zu säubern und stehen stundenlang ohne Ohrstöpsel im Stadion beim Rolling-Stones-Konzert. Aber sind Männer wirklich das starke Geschlecht? Nach dem jüngst veröffentlichten Männergesundheitsbericht der privaten Stiftung Männergesundheit scheint das nicht unbedingt so zu sein.
Männer sterben im Schnitt fünf Jahre früher als Frauen. Von bestimmten schweren Erkrankungen wie Lungenkrebs, Leberzirrhose und Herzinfarkt sind sie häufiger betroffen als Frauen.
Aber auch psychische Erkrankungen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol, sind bei ihnen auf dem Vormarsch. Depressionen werden aber bei ihnen aber nur halb so oft erkannt wie bei Frauen, weil sie sich in anderen Symptomen wie beispielsweise Aggression oder Alkoholsucht äußert. Die Folge ist eine dreimal höhere Selbstmordrate.
Woran liegt das? Einerseits scheinen Männer schon von Natur aus die labiler zu sein. Jungen sind häufiger von frühem Kindstod betroffen als Mädchen. Auch erleiden Mütter, die mit einem Jungen schwanger sind, statistisch öfter eine Fehlgeburt.
Vor allem aber die Lebensführung beeinflusst die Gesundheit von Männern. Viele Männer verhalten sich riskanter als Frauen, sei es im Sport, im Straßenverkehr, durch falsche Ernährung oder durch den Konsum von Drogen. Zudem sind sie laut Männergesundheitsbericht oft einer höheren körperlichen Belastung bei der Arbeit ausgesetzt oder haben wenig Gespür für eine ausgewogene Arbeit-Freizeit-Balance.
Grund dafür kann zum einen ein anderer Umgang mit dem eigenen Körper sein. Viele Männer betrachten ihren Körper als Leistungsmaschine, machen sich aber über "Wartung und Pflege" der Maschine weniger Gedanken als Frauen. Wenn überhaupt gehen sie nur ungern oder verspätet zum Arzt und haben Hemmungen, bestimmte Probleme anzusprechen oder Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Die Sorge um die Gesundheit übernehmen oft die jeweiligen Partnerinnen. Diese Form von "Bevormundung" scheint sich für die Männer allerdings auszuzahlen: Männer in Partnerschaften leben – unabhängig von ihren Erkrankungen – im Schnitt 5 – 7 Jahre länger als alleinstehende Männer.
Die Gesundheitsforschung betrachtet Männer bislang zwar umfassend, aber eher geschlechtsneutral. Auch gibt es bislang – anders als bei Frauen – noch keine echte Männergesundheitsbewegung. In der öffentlichen Wahrnehmung, forciert durch kommerzielle Anbieter der Pharma- und Kosmetikindustrie, werden vorrangig Angebote zu urologischen Fragen und Lifestyle-Produkte in den Vordergrund gestellt. So fragwürdig diese Angebote auch sein mögen – von der Methodik können sich auch die Präventions- und Vorsorgeangebote der kommunalen Anbieter etwas abgucken, um ihre Angebote an den Mann zu bringen.
Dabei darf die Arbeit nicht auf die Ausgabe von Informationsmaterialien reduziert werden. Als weitaus wirksamer hat sich in der Jungen- und Männerarbeit die direkte Ansprache durch Multiplikatoren und die Ansprache von Männern in Gruppen erwiesen, insbesondere am Arbeitsplatz. Auch im Krankenhaus oder in Schulen sind Jungen und Männer leichter für Angebote der Gesundheitsfürsorge zu erreichen. Wirksam ist auch die Verbindung mit Sportangeboten.
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