BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mecklenburg-Vorpommern

Selbstverschuldetes Chaos bei E10

Der Ersatz von Erdöl durch Biosprit ist noch keine nachhaltige Verkehrspolitk. CO2-Einsparung und mehr Effizienz sind nötig. Das aber blockieren Bundesregierung und Industrie.

01.01.70 –

Das Chaos bei der Einführung des neuen Treibstoffes E 10 geht auf das Konto von Bundesregierung und Industrie. In Brüssel hat die Bundesregierung für die Einführung von E10 gesorgt. Sie wollte damit verhindern, dass die deutsche Automobilindustrie verpflichtet wird, Autos zu produzieren, die deutlich weniger Sprit verbrauchen und weniger CO2 ausstoßen. Als die Autoindustrie so erfolgreich vor Klimaschutzmaßnahmen geschützt war, verloren Bundesregierung und Industrie komplett das Interesse an einer sinnvollen Einführung von Biosprit, selbst als die Quote von der EU verbindlich beschlossen wurde. Bis Ende 2010 mussten alle EU-Staaten die Voraussetzung schaffen, den maximal zulässigen Ethanol-Anteil im Benzin von derzeit 5 Vol. % (E5) auf 10 Vol. % (E10) anzuheben.

Für eine sinnvolle und erfolgreiche Einführung von E 10 wurde in Deutschland nichts unternommen. Im Gegenteil: Die Verbraucher wurden nicht informiert sondern verunsichert. Der Mineralölwirtschaft ist es sowieso egal, ob E 10 erfolgreich ist, eventuelle Strafzahlungen gibt sie einfach über den Preis an die Verbraucher weiter. Jetzt tut der zuständige Umweltminister Röttgen so, als hätte er mit der ganzen Sache nichts zu tun….

Das kommt dabei heraus, wenn man glaubt, Klimaschutz rein formal und an den Menschen vorbei betreiben zu können.

Dabei kann Ethanol grundsätzlich – wenn es nachhaltig erzeugt wird - klima- und umweltverträglicher als Benzin aus Erdöl sein, das durch die Ethanolbeimischung zum Teil verdrängt wird. Dennoch sehen wir Grüne diese Beimischungspflicht kritisch.

Eine Strategie, die auf nachhaltig produzierte reine Biokraftstoffe setzen würde, hätte deutliche Vorteile. Mit der Abschaffung der Steuerbefreiung von reinen Biokraftstoffen unter der großen Koalition, wurden viele mittelständischen Produzenten von heimischen Biokraftstoffen, wie reine Pflanzenöle, Biodiesel oder E-85 in den Konkurs getrieben. Nutznießer waren alleine die Mineralölkonzerne, die das Geschäft der Biokraftstoffe selbst in die Hand nahmen und sich kaum um die Nachhaltigkeitskriterien scherten.   

Wer heute profitiert, ist an den aktuellen Benzinpreiserhöhungen durch die Konzerne abzulesen. Aus Verbrauchersicht kritisieren wir zudem, dass Super-Benzin mit geringer Beimischung, das auch von älteren Fahrzeugen vertragen wird, von den Mineralölkonzernen künstlich verteuert wird.

Unser Ziel ist es, dass nur Biokraftstoffe verwendet werden, die strengen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Wenn Urwaldflächen für Biokraftstoffe abgeholzt oder wenn Menschen von ihrem Land vertrieben werden, kann das nicht toleriert werden. Ein erster Schritt um derartige Entwicklungen zu verhindern ist die seit dem 1. Januar 2011 geltende  Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe. Sie soll sicherstellen, dass nur noch solche Biokraftstoffe steuerlich begünstigt oder auf die Biokraftstoffquote angerechnet werden können, die unter Beachtung verbindlicher Nachhaltigkeitsstandards hergestellt wurden.

Diese Regelung reicht aber noch nicht aus. So werden z. B. so genannte Landnutzungsänderungen, also die Verdrängung bestehender Ackersysteme zur Lebensmittelproduktion durch Bioenergien, nicht ausreichend berücksichtigt. Außerdem müssen Monokulturen und der Einsatz von Gentechnik ausgeschlossen werden. Wir fordern daher eine rasche und deutliche Verbesserung der Verordnung.

Auch aus agrarpolitischen Aspekten kann Bioenergie grundsätzlich sinnvoll sein, bietet die Erzeugung von Biomasse für Ethanol, Agrotreibstoffen oder Biogas doch eine interessante Einkommensalternative für die Landwirtschaft. Natürlich muss auch die Biomasse-Erzeugung in Europa den gleichen strengen Nachhaltigkeitskriterien unterworfen werden, wie sie für Importe angewendet werden müssen, und dem Grundsatz „Teller vor Tank“ folgen.

Für die Ethanolerzeugung in Deutschland kommen die pflanzlichen Rohstoffe aus Europa, vor allem Deutschland. Zum einen sorgt die Importsteuer für Ethanol dafür, dass Ethanol aus Brasilien hierzulande heute nicht wettbewerbsfähig ist. Zum anderen gibt es aus Brasilien derzeit keine als nachhaltig zertifizierten Kraftstoffe.

Dies kann sich künftig aber ändern. Wir wollen daher so rasch wie möglich international anerkannte Zertifizierungen mit überprüfbaren verbindlichen und strengen ökologischen und sozialen Standards. Den Import von Biotreibstoffen, der mit dem Raubbau am Regenwald einhergeht oder Lebensmittelproduktion verdrängt, lehnen wir entschieden ab.

 Klar ist für uns Grüne: Es kann nicht darum gehen, Erdöl durch Biokraftstoffe zu ersetzen und sonst nach dem gleichen Muster weiterzufahren. Es war daher ein schwerer Fehler der Bundesregierung, die Autoindustrie bei den CO2-Grenzwerten zu schonen, indem der Einsatz von Biokraftstoffen nun angerechnet werden soll. Es braucht eine andere, zukunftsfähige Verkehrspolitik, die zu weniger, einem umweltverträglicheren und vor allem auch zu einem effizienteren Verkehr beiträgt.

Wenn die Bundesregierung den E 10 Pfad weiter beschreiten will, muss sie umgehend dafür sorgen, dass alle Autobesitzer umfassend informiert werden und dass die Autohersteller die Verträglichkeit garantieren.

Wir fordern Herrn Röttgen und die Bundesregierung auf, endlich seriöse Umweltpolitik zu betreiben, sich nicht erneut den Lobbyinteressen der Mineralölindustrie zu beugen und die Autoindustrie zu ihrem eigenen Nutzen stärker in die Pflicht zu nehmen. Denn nur ein klimaverträglicher Verkehr hat Zukunft.

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