Jugendkultur und Rechtsextremismus

Der Aktionstag mit den beiden Abgeordneten Monika Lazar und Harald Terpe startete morgens in der "Regionale Schule Käthe Kollwitz". Organisiert wurde er gemeinsam mit dem Archiv der Jugendkulturen e. V. und der sehr engagierten Schulleiterin. Etwa 80 Jugendliche arbeiteten in sechs Workshops zu den Themen Graffiti, Street- und Breakdance, Techno, Skins und Böhse Onkelz, Gothik sowie Punk. Diese Möglichkeit wurde von den meisten SchülerInnen gern angenommen. Ansonsten gibt es in der dünn besiedelten Region kaum Jugendangebote. Zudem reisen die SchülerInnen der Käthe-Kollwitz-Schule aus 50 verschiedenen Orten an. Der ist der Weg zu KlassenkameradInnen am Nachmittag weit.

Für viele Teilnehmende waren die Workshops eine Chance, Jugendkulturen abseits des rechten Mainstreams kennenzulernen und sich auszuprobieren. Jugendliche, die anders aussehen, können angegriffen werden. Ein Schüler berichtet, es reiche schon aus, die falschen Turnschuhe, etwa der Marke Converse, zu tragen, um in das Visier der Schläger zu geraten. Das Klima der Angst ist auch in den Workshops zu spüren. In einem outen sich zwei Teilnehmer als Zugehörige der Nazi-Szene, kaum einer der Anderen wagt es, offen zu reden.

Parallel zu den Workshops fand ein Gespräch mit sechs LehrerInnen der Schule statt. Viele Lehrkräfte suchten Antworten auf die Frage, wie man mit rechtsorientierten Jugendlichen umgehen soll. An der Schule ist das Tragen von Kleidungsstücken mit rechtsextremen Aufschriften verboten. Auch Lieder von Nazi-Bands, viele Schüler haben sie auf dem Handy, sind untersagt. "Doch dadurch wird das Problem nicht gelöst, sondern nur verdrängt" sagt Monika Lazar. "Die Gesinnung bleibt so verborgen, das Ausmaß unüberschaubar."

Am Runden Tisch im Bützower Rathaus versammeln sich nachmittags nur wenige Akteure, doch diese führten eine spannende Diskussion. Vor knapp einem Jahr sorgte Bützow mit rechtsextremen Gewalttaten für negative Schlagzeilen: Ein Volksfest eskalierte, dutzende rechte Schläger zogen durch die Stadt, am Ende brannte der Imbisswagen eines Pakistani. Lokal- und LandespolitikerInnen überschlugen sich mit Forderungen nach Investitionen und Angeboten für Jugendliche gegen Nazis. Heute wird das Problemfeld bearbeitet, ein Bündnis für Demokratie und Toleranz hat sich gegründet, es herrscht eine große Kooperationsbereitschaft.

So haben z. B. die Mitglieder des örtlichen Fußballvereins TSV Bützow eine Selbstverpflichtung unterschrieben, die den Verzicht auf rechtsextreme Szenebekleidung und die Beteiligung an Gewalttaten beinhaltet. Trotzdem, so ein älterer Diskussionsteilnehmer, "geht wirklich die Angst um". Couragiertes Einschreiten bei gewalttätigen Konflikten ist eine Seltenheit, selbst Zeugen von Gewalttaten sagen aus Angst nicht bei der Polizei aus.

Am Abend wurde im 20 Kilometer entfernten Güstrow der Film "Leroy" gezeigt: die Geschichte eines schwarzen deutschen Teenagers, der sich in ein Mädchen verliebt, dessen ganze Familie rechtsextrem ist. Etwa 50 ZuschauerInnen fanden sich ein, viele bekannte Gesichter aus der Käthe-Kollwitz-Schule waren dabei. Dies belegt, dass die TeilnehmerInnen auch außerhalb der Schulzeit Interesse am Thema Engagement gegen Rechtsextremismus zeigen.

Nach dem Film schloss sich eine längere Diskussion mit Harald Terpe und der Leiterin des Archivs der Jugendkulturen, Gabriele Rohmann, an. "Man hat gemerkt, dass einige junge Menschen sich gerne engagieren würden. Oftmals fehlt nur die Initialzündung. Ich hoffe, wir konnten mit diesem Aktionstag dazu beitragen, dass diese Jugendlichen aktiver werden", so das Fazit von Harald Terpe. Unsere Bundestagsfraktion ist auch in Zukunft gerne bereit, die demokratischen Kräfte vor Ort zu unterstützen.


Weitere Informationen und Berichte zur Tour "Jugendkultour und Rechtsextremismus" der Grünen Bundestagsfraktion finden Sie hier.