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von Michael Cramer MdEP und Harald Terpe MdB
Als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am 19. Dezember 2006 in Kopenhagen ihren dänischen Kollegen Anders Fogh Rasmussen traf, konnte über eines der dänischen Lieblingsprojekte, die feste Querung über den Fehmarnbelt, kein Einvernehmen erzielt werden.
Im Landtagswahlkampf von Mecklenburg-Vorpommern im Sommer 2006 hatte sich Merkel als CDU-Parteivorsitzende gegen die Fehmarnbelt-Brücke ausgesprochen. Die spannende Frage ist nun, ob sie auch als deutsche Bundeskanzlerin konsequent bei ihrer Meinung bleiben wird. Sie weiß bestens, dass die Bundesregierung für die etwa 20 km lange Fehmarnbelt-Brücke kein Geld hat. Und auch die EU hat keinen Dukatenesel - im Gegenteil: Schließlich war es Frau Merkel, die sich den Kompromiss der Staats- und Regierungschefs für die Haushaltsplanung der EU bis 2013 gerne auf ihre Fahnen schreibt. Dass die vom Europa-Parlament geforderten 20 Mrd. ? für die Transeuropäischen Verkehrsnetze dabei auf ein Drittel zusammengestrichen wurden, verschweigt sie gerne.
Nicht nur angesichts der knappen Mittel der EU müssen alle Planungen unter zwei Gesichtspunkten überprüft werden: Welchen tatsächlichen verkehrspolitischen Effekt haben sie und wie wirken sie sich auf die Umwelt aus? Eine europäische Verkehrspolitik muss in erster Linie das Zusammenwachsen Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs befördern. Zudem muss aus ökologischen Gründen die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf Eisenbahn und Schiff erreicht werden.
Was bedeutet das für die Fehmarnbeltquerung? Dieses Projekt ist ein typisches Produkt des Kalten Krieges und war schon vor der Wende und vor der Aufnahme der neuen Mitgliedsstaaten in die EU geplant worden. Seit 1989 hat sich aber Europa gewaltig verändert und die Verkehrsströme nicht minder. Vom schwedischen Trelleborg gibt es heute täglich mehr als 10 Schiffsverbindungen nach Rostock und Sassnitz. Vom dänischen Gedser fahren moderne und schnelle Fährschiffe im Zwei-Stunden-Takt rund um die Uhr nach Rostock. Und wenn die Schienenstrecken Nykøbing F.-Gedser bzw. Rostock-Berlin modernisiert und ausgebaut werden, kann der Schienenverkehr mit geringem Mitteleinsatz deutlich verbessert werden. Zudem wurde mit der Öresundbrücke im Jahr 2000 bereits eine feste Verbindung zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden für Straße und Schiene dem Verkehr übergeben.
Käme die fünf Mrd. ? teure Fehmarnbeltbrücke noch hinzu ? mit den Zulaufstrecken auf dänischer und deutscher Seite liegen die Kosten sogar bei sieben Mrd ? - würden die mit Milliarden-Investitionen modernisierten Häfen in Mecklenburg-Vorpommern und Südschweden absterben. Nicht nur Ostdeutschland, ganz Ost-Europa würde vom Nord-Süd-Verkehr der EU abgekoppelt. Deshalb sprechen sich nicht nur die Grünen, sondern auch die Industrie und Handelkammer (IHK) zu Rostock gegen dieses Projekt aus.
Auch für den Lübecker Hafen wäre eine feste Beltquerung Gift. Etwa 20 Prozent der südschwedischen Verkehre, die heute über Travemünde laufen, würden wegfallen. Die Brücke über den Fehmarnbelt würde dem LKW einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Auch der Lübecker Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel (CDU) hält nichts von der Beltquerung: "Das Projekt ist ökonomisch und ökologisch Unsinn".
Die wirtschaftliche Relevanz ist für die Fehmarnbelt-Brücke keinesfalls gegeben. Und auch das Koalitionsabkommen zwischen CDU und SPD sieht den Bau der Brücke nur dann vor, wenn die Wirtschaftlichkeitsberechnung positiv ausfällt. Die einzig existierende Studie wurde allerdings von dem Brücken-Konsortium in Auftrag gegeben und stellte - wen wundert´s - die positive Wirtschaftlichkeit fest. Wenn das Konsortium diese Brücke dann auch finanzieren würde, wäre das in Ordnung. Das Konsortium will sie aber nur bauen - bezahlen oder zumindest finanziell absichern soll die Brücke die Bundesregierung. Die allerdings ist dem Gemeinwohl verpflichtet und müsste zumindest ein unabhängiges Gutachten erstellen lassen. Die fehlt jedoch bis heute. Und solange es nicht vorliegt, darf keine verbindliche Zusage gemacht werden.
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