SED-Opferrente

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es gehört zu den beeindruckendsten zivilisatorischen und gesellschaftlichen Leistungen in unserem Land, sich der eigenen Geschichte, der Geschichte der Diktaturen auf deutschem Boden zu stellen, sie aufzuarbeiten und dabei die vielen Opfer staatlicher Willkür gegen kritisch Denkende nicht zu vergessen. Der demokratische Rechtsstaat sühnt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vergangenes, systematisches, staatliches Unrecht, indem er für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR die Rehabilitierung auch materiell vorantreibt.

Das ist richtig, und deshalb kann man nur empfehlen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir sollten auch besonders unseren Kolleginnen und Kollegen danken, die sich in der Vergangenheit und heute für die straf- und rentenrechtliche Rehabilitation eingesetzt haben; stellvertretend seien unsere bis heute aktiven Kollegen Arnold Vaatz für die CDU/CSU-Fraktion und Iris Gleicke für die SPD-Fraktion genannt. Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass sich in der Linksfraktion in den letzten Jahren zunehmend eine differenzierte Sichtweise auf das DDR-Unrecht eingestellt hat und konkrete weiterführende Vorschläge zur Rehabilitation unterstützt bzw. unterbreitet wurden.

Für uns hat die Rehabilitierung nicht vornehmlich einen abstrakten symbolischen Wert, sondern ist in jedem gewährten Fall eine Anerkennung der je eigenen Verfolgungs- und Leidensgeschichte. Und an diesem Punkt möchte ich uns alle davon überzeugen, die Diskussion mit dem Ziel weiterzuführen, bisher nicht berücksichtigte, vergleichbar politisch Verfolgte einzubeziehen.

Glauben Sie mir, es bedurfte nicht einer Haftstrafe von 180 Tagen und mehr, um körperlich und seelisch zu zerstören, die Menschenwürde zu rauben. Es gab viele Formen der behördlichen und staatssicherheitsdienstlichen Zersetzung mit manchmal durchaus noch gravierenderen Folgen für den Einzelnen als die Haft. Auch -erzwungene stationäre psychiatrische Behandlungen gehörten zu den schweren Menschenrechtsverletzungen.

Wir schlagen als Diskussionsgrundlage die Annahme unseres Entschließungsantrages vor. Danach sollte der Empfängerkreis um definierte Personengruppen erweitert werden. Für die Betroffenen selbst sind besonders die Bedürftigkeitsprüfung, die Beweislast für Gesundheitsschädigung und dass die mündliche Anhörung nicht als Regel verankert ist, Hürden bei der Antragstellung und Gewährung.

Auch sollten die Fristen nach § 7 und § 17 des Gesetzes gestrichen werden.

Der Gesetzentwurf der Linken versucht, die dargestellten Probleme zu lösen. Er zeigt darüber hinaus, dass es in der Fraktion offenbar konkrete Unrechtserfahrungen in der DDR im Umfeld der Weltfestspiele 1973 gibt. Allerdings gehörte eine Verurteilung wegen asozialen Verhaltens auch ansonsten zum Repertoire staatlicher Unterdrückung in der DDR. Deshalb sehen wir Verbesserungsbedarf und werden uns zum Entwurf enthalten.

Zustimmung also zum Gesetzentwurf der Koalition und Einladung zur Fortsetzung der Diskussion auf Grundlage unseres Entschließungsantrages, zu dem wir ebenfalls um Zustimmung bitten.