SED-Diktatur

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Gäste, insbesondere Herr Dombrowski und Herr Jahn! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich am Anfang keinen Hehl daraus machen, dass ich über den vorgelegten Antrag enttäuscht bin. Ich bin in erster Linie enttäuscht darüber, dass von dem bisherigen Weg Abstand genommen wird, nach überfraktioneller Diskussion gemeinsam Anträge zur Thematik Stasi-Unterlagen-Gesetz zu erarbeiten. Von diesem Weg wird nun abgewichen. Das halte ich für ein schlechtes Signal,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

für ein schlechtes Signal an die Opferverbände und die Kollegenschaft des Bundestages sowohl in dieser als auch in der nächsten Legislaturperiode. Wenn wir das bisherige Verfahren nicht fortsetzen, spalten wir uns auf. Das ist nicht gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum Antrag. Warum ist es notwendig, dass man gemeinsam versucht, einen solchen Antrag zu erarbeiten? Weil der vorliegende Antrag Schwächen hat. Herr Ehrmann hat am Ende seiner Rede auf diese Schwächen hingewiesen. Sie wollen aus dem Amt heraus transformieren und geben dem Bundesbeauftragten einen Antrag an die Hand, der hinter bestimmten Empfehlungen – auch der Expertenkommission – zurücksteht. Wie soll denn so eine Transformation geschehen? Da gebe ich Herrn Liebich recht, der sagt, dass das Parlament diese begleiten muss, und zwar noch in dieser Legislaturperiode.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben doch den Schwung mit der Einsetzung der Expertenkommission aufgenommen. Wir haben bereits diskutiert, wir alle haben Fachkompetenz erworben. Die sollten wir jetzt nutzen, um zumindest in dieser Legislaturperiode schon bestimmte Handlungsempfehlungen zu geben und Konzepte zu fordern und die Transformation schon in dieser Legislaturperiode einzuleiten.

Da geht es beispielsweise auch um Gelder, die man dringend braucht, um die Archivierung zu verbessern. Das sind doch Maßnahmen, über die wir in dieser Legislaturperiode bereits entscheiden können. Wissen Sie denn, aus welchen Abgeordneten sich das Parlament in der nächsten Legislaturperiode zusammensetzt, die sich wieder einarbeiten müssen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann dauert es zwei oder drei Jahre, und die Akten faulen vor sich hin. Es ist doch leeres Gerede, zu sagen: „Wir wollen die Akten im Gesamtbestand erhalten“, wenn sie uns sozusagen unter dem Hintern wegfaulen. Ich war in allen Außenstellen und war – das habe ich mir sagen lassen – der Einzige, der sich das überall angeschaut hat, überall. Das ist mein Eindruck gewesen.

Jetzt möchte ich zu den Punkten unter I. kommen. Natürlich brauchen wir einen dauerhaften Erhalt des Gesamtbestandes. Aber wo ist unsere gemeinsame Anregung geblieben, diese Aktenbestände auch dezentral zur Verfügung zu stellen? Sind wir davon jetzt abgekommen? Wie soll denn jetzt gehandelt werden? Ich finde, auch das bleibt hinter dem zurück, was wir bereits im Einsetzungsbeschluss gesagt haben.

Ein weiteres Thema. Es geht um die Nutzung der Akten zur Forschung. Dazu sind vernünftige Vorschläge auf den Tisch gelegt worden. Jetzt steht in dem Antrag, dass die Stiftung Aufarbeitung im Wesentlichen für die Forschung zuständig sein soll. Das ist vom Prinzip her nicht verkehrt, aber wir müssen doch erkennen, dass bisher die Unterlagenbehörde Forschungskapazitäten hatte. Was wird denn mit diesen Forschungskapazitäten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Dabei geht es darum, dass man beispielsweise ein Forschungsnetzwerk bildet, in das dezentrale Forschungsstandorte, zum Beispiel unsere Universitäten, eingebaut werden können und müssen.

Deswegen ist dieser Antrag stark verbesserungsfähig. Eigentlich wünschte ich mir – jetzt dämpfe ich meine Empathie ein bisschen – von Ihnen von der CDU/CSU und auch der SPD: Wir haben heute über den Antrag diskutiert; lassen Sie uns doch den Antrag im Verfahren behalten und noch einmal verbessern, damit wir verbesserte Handlungsanweisungen auch für den Transformationsprozess in der Unterlagenbehörde bekommen. Es wäre ein Einfaches, ihn in den Ausschuss zu überweisen und kurzfristig zu verbessern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

 

Sie können sich das Video der Rede hier anschauen.