Kaum Bewegung in Wien

Eine Sonder-Vollversammlung der Vereinten Nationen hatte 1998 ein ehrgeiziges Ziel verabschiedet: die deutliche Verringerung des weltweiten Drogenkonsums bis 2008. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Im Gegenteil: Die Produktion und der Konsum vieler Drogen ist sogar noch angestiegen, die weltweite Opiumproduktion hat sich verdoppelt, die Anbauflächen für Koka und Cannabis haben ebenfalls zugenommen. In Mexiko tobt gerade ein erbitterter Drogenkrieg zwischen den Drogenkartellen und der Regierung. Und dies alles trotz oder gerade wegen der repressiv ausgerichteten Drogenpolitik.

Repressive Drogenpolitik ist Ursache vieler Probleme

Nichtregierungsorganisationen wie Caritas International kritisieren diese Politik seit langem. Nach ihrer Auffassung ist die "Null-Toleranz-Doktrin" der internationalen Drogenpolitik die eigentliche Ursache für die Zunahme des Konsums und der Anbauflächen. Diese Politik sei kontraproduktiv und habe große Schäden in der Bevölkerung und insbesondere bei den Drogenkonsumentinnen und -konsumenten angerichtet.

Mitte März 2009 zog auch die 52. Session der UN-Suchtstoffkommission (CND) in Wien Bilanz über die Drogenpolitik der Vereinten Nationen in den letzten zehn Jahren. Allerdings fiel diese ganz anders aus als die der meisten Nichtregierungsorganisationen. Die Drogenkontrolle habe gegriffen, das "Drogenproblem" habe sich stabilisiert, so das UN-Büro für Drogen und Kriminalität.

Streit um Schadensminderung

Die 52. Session diskutierte und beschloss einen Aktionsplan bis 2019. Streitpunkt zwischen den nationalen Delegationen in Wien war hier vor allem, ob die Schadensminderung ("Harm reduction") künftig stärker in der internationale Drogenpolitik verankert würde. Dabei handelt es sich um oft einfachste Maßnahmen, die aber die gesundheitlichen Folgen des Drogengebrauchs für die Konsumentinnen und Konsumenten erheblich verringern würden. Das sind zum Beispiel Spritzentauschprogramme und Substitutionsbehandlung. In Deutschland konnten dadurch bei den Konsumentinnen und Konsumenten vor allem Infektionen mit HIV oder Hepatitis verringert werden.

Doch viele Staaten lehnten bereits die Aufnahme des Begriffes "harm reduction" in die Abschlusserklärung und den Aktionsplan ab. Der deutschen Delegation gelang es lediglich, eine Protokollnotiz unterzubringen, nach der Deutschland und 25 weitere Staaten wie Australien, Bolivien oder Spanien unter dem im Aktionsprogramm enthaltenen Begriff "drug related support services" auch Maßnahmen der Schadensminderung verstehen würden.

Neben der Schadensminderung sorgte auch die Strategie zur Drogenbekämpfung in den Anbauländern für Streit. So kritisierte die deutsche Delegation die Art und Weise der Vernichtung von Anbauflächen. Der Erfolg dieser Maßnahmen werde zu sehr an kurzfristigen Indikatoren wie dem Umfang der vernichteten Flächen und zu wenig an langfristigen Maßstäben wie einer realen Verbesserung der Lebensbedingungen der betroffenen Bauern gemessen.

Es bleibt noch viel zu tun

Eine Wende in der internationalen Drogenpolitik ist nicht in Sicht. Nach wie vor dominiert der "war on drugs", wie er sich vor allem in den Staaten Mittel- und Südamerika, jüngst aber auch auf den Opiumfeldern in Afghanistan offenbart. In vielen Ländern haben Drogenkonsumentinnen und -konsumenten keinen oder keinen ausreichenden Zugang zu Hilfsangeboten. Die Folgen dieser falschen Drogenpolitik, nicht nur in den so genannten Anbau- und Transitländern, wie die Einschränkung der Menschenrechte, die Entstehung von Schwarzmärkten und die Ausbreitung von HIV und Hepatitis werden vielfach verschwiegen.