Weiterer Gruppenantrag zur Patientenverfügung vorgelegt
Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen haben heute einen weiteren Gesetzentwurf zur Patientenverfügung vorgelegt. Hierzu erklärt der Rostocker Bundestagsabgeordnete Dr. Harald Terpe (Grüne), der neben Wolfgang Bosbach (CDU/CSU), Rene Röspel (SPD), Otto Fricke (FDP) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) einer der Initiatoren des Gesetzentwurfes ist:
"Ziel unseres gemeinsamen Gesetzentwurfs ist es einerseits, das Selbstbestimmungsrecht von Patienten zu stärken, die sich nicht mehr selbst äußern können. Andererseits muss der Staat gerade in solchen Situationen das Wohl des Patienten schützen. Patienten muss es grundsätzlich freistehen, ob sie eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht machen. Die in einer Patientenverfügung getroffenen Entscheidungen sind für den behandelnden Arzt und den Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigten grundsätzlich verbindlich.
Anders als der vor der Sommerpause vom Abgeordneten Joachim Stünker u.a. eingebrachte Gesetzentwurf beinhaltet dieser Entwurf allerdings Schutzmechanismen, die sicherstellen, dass eine lebenserhaltende Behandlung nicht ohne weiteres abgebrochen werden kann. Will der Betroffene dies anordnen, muss er sich vor der Errichtung der Patientenverfügung ärztlich beraten lassen und die Verfügung regelmäßig erneuern. Tut er dies nicht, darf sein Leben aufgrund einer Patientenverfügung nur im Falle einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit beendet werden.
Zudem stärkt der Gesetzentwurf die Position der Vertrauenspersonen, die die Interessen des Betroffenen gegenüber Ärzten und Pflegepersonal vertreten", so Terpe.
Im Einzelnen sieht der Entwurf folgende Regelungen vor:
Die Instrumente der Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung werden erstmals eigenständig im Gesetz geregelt.
Wenn der Betroffene keine Person bevollmächtigt hat, muss im Falle der Einwilligungsunfähigkeit immer ein Betreuer bestellt werden - selbst, wenn eine Patientenverfügung vorliegt. So wird sichergestellt, dass immer eine Person vorhanden ist, die die Interessen des Betroffenen rechtswirksam vertritt.
Patientenverfügung sind grundsätzlich in einfacher, schriftlicher Form verbindlich. Nur für den Fall, dass lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden sollen, bedarf es einer zusätzlichen Sicherung. Sind diese Anordnungen in einer einfachen, schriftlichen Patientenverfügung enthalten, so sind sie nur dann verbindlich, wenn der Betroffene unheilbar tödlich erkrankt wird. Will der Betroffene verbindlich verfügen, dass auch bei nicht tödlichen Erkrankungen lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden, muss er sich vor Errichtung der Patientenverfügung ärztlich beraten und die Patientenverfügung notariell beurkunden lassen. Zudem sollte die Patientenverfügung nach fünf Jahren aktualisiert werden. So ist gewährleistet, dass der Betroffene wirklich wusste, was er verfügt.
Ob auch bei Menschen mit irreversiblem Bewusstseinsverlust aufgrund einer einfachen Patientenverfügung ohne Beratung lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden dürfen, war unter den Initiatoren des Gesetzentwurfs umstritten. Hierzu liegt ein Änderungsantrag vor, der auch von Dr. Harald Terpe mitgetragen wird. Da Menschen beispielsweise im Wachkoma oder im Endstadium einer Demenz keine Sterbenden, sondern schwerst Pflegebedürftige sind, soll der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei irreversiblem Bewusstseinsverlust danach nur mit einer Patientenverfügung nach ärztlicher Beratung möglich sein.
Patientenverfügungen können jederzeit formlos widerrufen werden. Zudem kann niemand verpflichtet werden, eine Patientenverfügung zu verfassen. Ebenso darf niemand verpflichtet werden, bei Abschluss eines Vertrages (bspw. mit einem Pflegeheim) eine Patientenverfügung vorzulegen. Aktive Sterbehilfe bleibt verboten und kann auch in einer Patientenverfügung nicht wirksam angeordnet werden. Ebenso können Maßnahmen der Basisversorgung (bspw. Körperpflege) nicht ausgeschlossen werden.
Betreuer und Bevollmächtigte sind an den Willen des Patienten, den er in einer Patientenverfügung niedergelegt hat, gebunden. Um zu ermitteln, ob der Patient seinen Willen nicht zwischenzeitlich geändert bzw. widerrufen hat, muss der Betreuer/Bevollmächtige gemeinsam mit dem behandelnden Arzt vor Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme die engsten Angehörigen und Vertrauenspersonen des Betroffenen anhören und sich mit ihnen beraten.
Das Vormundschaftsgericht ist bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen nur dann einzuschalten, wenn es einen Dissens zwischen dem Betreuer/Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt gibt, oder wenn besondere Gründe der Fürsorge und des Lebensschutzes dies gebieten. Darunter fallen beispielsweise Fälle, in denen der Patient von seiner Erkrankung geheilt werden könnte, oder in denen kein ausdrücklicher Wille des Betroffenen vorliegt und sein mutmaßlicher Wille ermittelt werden muss. Der Gesetzentwurf soll im November den Abgeordneten vorgestellt und dann als fraktionsübergreifender Gruppenantrag im Bundestag eingebracht werden.
Mehr dazu:
Gesetzentwurf zur Patientenverfügung Gruppe Bosbach, Röspel, Göring-Eckardt, Terpe und Fricke