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22.10.09 –
Die Impfungen gegen die sogenannte Schweinegrippe haben begonnen. In einigen Bundesländern können sich zunächst Risikogruppen wie Angestellte im Gesundheitswesen und Polizeibeamte impfen lassen. In anderen Bundesländern ist der Impfstoff schon jetzt auch für die Bevölkerung verfügbar. Von einigen Wissenschaftlern wird inbesondere der Nutzen dieser Impfungen bezweifelt.
Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt:
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Wie gefährlich ist die Schweinegrippe?
Momentan entspricht die Schweinegrippe in ihrer Schwere und Verbreitung eher einer leichten Sommergrippe. Die Zahl der weltweiten Todesfälle liegt unter der bei der saisonalen Grippe, in Deutschland wurde nur eine Minderheit der Betroffenen hospitalisiert. Hätte die WHO nicht für die Schweinegrippe die Begriffsdefinition der „Pandemie“ geändert, wäre die Erkrankung nach dem derzeitigen Verlauf gar nicht als pandemisch eingestuft worden. Bei den meisten Erkrankten ruft die Schweinegrippe nur leichte Symptome hervor, die nach einigen Tagen von selbst wieder verschwinden. Es wird vermutet, dass die Grippe von den Betroffenen oft gar nicht also solche erkannt wird.
Im Gegensatz zur saisonalen Grippe gehören ältere Menschen nicht zu den Personen, bei denen ein besonders schwerer Verlauf droht. Schwere oder tödliche Verläufe wurden weltweit bislang eher bei Personen im Alter von 20-49 Jahren beobachtet, insbesondere bei solchen mit chronischen Vorerkrankungen oder bei Schwangeren. Forscher gegen davon aus, dass ältere Menschen im Laufe ihres Lebens bereits auf natürlichem Weg eine Immunität erworben haben.
Einige Experten haben die Befürchtung geäußert, dass sich die Ausbreitung in den Wintermonaten, in der die Bedingungen für die Grippeviren günstiger sind, rasant beschleunigen und es so durchaus zu einer Pandemie kommen könnte. Genau kann man dies heute allerdings nicht vorhersagen. Bislang hat sich das Virus eher eine geringe Neigung zur Mutation gezeigt.
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Ist eine Massenimpfung wirklich notwendig?
Ob eine Massenimpfung nach derzeitigem Sachstand sinnvoll ist, kann man nicht sagen. In den Industrienationen hat man sich im Einvernehmen zunächst auf eine (freiwillige) Impfung bestimmter Risikogruppen (Gesundheitsberufe, chronisch Kranke, Schwangere) verständigt. Im Nachhinein wurde diese Gruppe um Kinder und Jugendliche erweitert, weil diese erfahrungsgemäß zur raschen Verbreitung des Virus beitragen, auch wenn bei ihnen die Grippe zumeist harmlos verläuft. Auch die STIKO empfiehlt die Impfung derzeit nur für die o.g. RisikogruppenNews Detail.
Nach bisherigen Umfragen wird eine Massenimpfung auch an dem mangelnden Interesse in der Bevölkerung scheitern: Nach jüngsten Umfragen haben über 60 Prozent der Bundesbürger nicht vor, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. Auch bei der saisonalen Grippeimpfung liegt die Teilnehmerrate nur bei 13 – 19 Prozent.
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Welche Impfstoffe gibt es in Deutschland und warum konnten die Impfstoffe so schnell zugelassen werden?
Derzeit gibt es in Europa vier Musterimpfstoffe (Focetria von Novartis, Pandemrix von GlaxoSmithKline, Celvapan von Baxter, Panenza von Sanofi-Pasteur), die aber in der Praxis noch nicht erprobt wurden. Die Impfstoffe wurden für das Vogelgrippevirus H5N1 entwickelt. Damit sie gegen das Schweinegrippevirus eingesetzt werden können, werden die Vogelgrippeviren durch die neuen H1N1-Viren ersetzt. Da die Zusammensetzung im Übrigen gleich bleibt, kann die Europäische Arzneimittelbehörde diese Impfstoffe wesentlich schneller zulassen. Von den zugelassenen Impfstoffen sind bislang nur Pandemrix und Celvapan in Deutschland erhältlich. Panenza ist in Deutschland bislang nicht erhältlichNews Detail.
Ein weiterer Impfstoff der Firma Novartis (Celtura) steht derzeit noch vor der Zulassung. Er soll nicht über die Europäische Arzneimittelbehörde, sondern national im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens durch das Paul-Ehrlich-Institut zugelassen werden. Dieser Impfstoff wird nicht – wie üblich – mithilfe von Hühnereiern, sondern auf der Basis von Zellkulturen entwickelt.
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Welche Impfrisiken gibt es?
Die Impfung birgt zum einen die Risiken, die es bei jeder Impfung gibt. Neben eher ungefährlichen Hautreaktionen könne dies u.U. auch schwere neurologische Reaktionen sein. Problematisch ist bei allen Impfstoffen, dass seltene Nebenwirkungen kaum erforscht werden können, weil die Zahl der Studienteilnehmer und die Dauer der Studien viel zu gering ist[3]. Auch konnten die Impfstoffe bislang nicht bzw. nur begrenzt an Kindern und Schwangeren getestet werden.
Bund und Länder haben GlaxoSmithKline in dem 2007 geschlossenen Rahmenvertrag über die Lieferung von Pandemieimpfstoffen von der Haftung für Nebenwirkungen oder Impfschäden durch die Pandemieimpfstoffe vollständig freigestellt; für auftretende Schäden haftet danach nur der Staa
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Sollten Schwangere sich impfen lassen und wenn ja mit welchem Impfstoff?
Schwangere gehören laut WHO zur Risikogruppe und sollten nach ihrer Ansicht bevorzugt geimpft werden sollen.
Problematisch ist, dass WHO und STIKO empfehlen, bei Schwangeren weder Impfstoffe mit Adjuvenzien noch Ganzvirus-Vakzine zu verwenden. Der einzige in Europa zugelassene Impfstoff, der diese Kriterien erfüllt, ist Panenza von Sanofi-Pasteur. Panenza steht in Deutschland aber bislang nicht zur Verfügung (s.o.). Die Bundesregierung versucht derzeit, für die Versorgung von Schwangeren diesen Impfstoff anderen Staaten wie Frankreich oder den USA abzukaufen – ob ihr dies gelingt wird, bleibt abzuwarten.
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Kann man sich aussuchen, mit welchem Impfstoff man geimpft werden will?
In der Regel nicht. Die Bundesländer haben 50 Mio. Dosen des Impfstoffes Pandemrix der Firma GlaxoSmithKline bestellt, der nun an Hausarztpraxen und andere impfende Einrichtungen ausgegeben werden sollen. Zudem haben die Länder eine Option auf den Kauf von 18 Mio. Dosen Focetria. Andere Impfstoffe als Pandemrix stehen deutschen Ärzten derzeit nicht zur Verfügung, weil Ankauf und Distribution der Impfstoffe nur über den Staat laufen. Im Arzneigroßhandel oder in Apotheken sind Impfstoffe gegen die Schweinegrippe in der Regel nicht erhältlich. Die Distribution insbesondere an die niedergelassenen Ärzte ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In einigen Ländern erfolgt sie direkt über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), in anderen über einige Apotheken.
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Warum erhalten Bundesregierung, Bundesbehörden und Bundeswehr einen anderen Impfstoff als die Bevölkerung?
Der Bund hat für Teile seiner Behördenmitarbeiter (insb. Bundespolizei, Krisenstabsmitarbeiter) den Impfstoff Celvapan von Baxter gekauft, der ohne Wirkverstärker auskommt. Laut Bundesregierung beruht dies auf einem allgemeinen Rahmenvertrag mit der Pharma-Firma Baxter aus dem Jahr 2008, wonach Baxter im Fall einer Pandemie Impfstoffe zur Verfügung stellt. Auch die Bundeswehr hat im Rahmen ihrer Eigenvollzugskompetenz aus der Zeit der Vogelgrippe noch einen solchen Rahmenvertrag mit Baxter. Eine politisch beabsichtigte Besserstellung von Behördenangestellten ist eher unwahrscheinlich.
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Wer trägt die Kosten der Impfung?
Die gesetzlichen Kassen übernehmen die Kosten der Impfung von rund 35 Millionen Menschen, also für die Hälfte der in Deutschland gesetzlich Versicherten. Für die andere Hälfte der gesetzlich Versicherten sollen Bund und Länder aufkommen. Inwieweit hier die Länder Kostenanteile übernehmen werden, ist jedoch noch völlig unklar. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat eine Kostenübernahme für einen Teil der Impfungen seitens Bund und Ländern zugesichert, ohne dies jedoch mit den Ländern vorher abgestimmt zu haben. Die Bundesländer weigern sich daher bislang, einen Teil der Kosten zu übernehmen.
Die Höhe der Gesamtkosten ist unter anderem davon abhängig, wer die Impfungen durchführen soll. Die Bundesregierung erwartet Gesamtkosten in Höhe von rund 600 Millionen Euro, wohingegen der GKV-Spitzenverband von rund einer Milliarde Euro ausgeht, weil sich die Bürger wahrscheinlich mehrheitlich nicht durch den ÖGD, sondern in privaten Hausarztpraxen impfen lassen werden. Die von der Bundesregierung erlassene Verordnung empfiehlt den Krankenkassen einen Orientierungswert von 28 Euro als Gesamtkosten für eine zweimalige ImpfungNews Detail. Die Praxisgebühr fällt bei der Impfung nicht an.
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Was geschieht bei geringer Nachfrage?
Unklar ist, wer die Kosten trägt, wenn die bestellten Impfstoffe nicht abgerufen werden. Bislang gehen Bund und Länder davon aus, das die bestellten Impfstoffe sofort verimpft werden; deshalb haben sie auch keine Kosten für die Lagerung eingeplant. Die Bundesregierung überlegt, übrig gebliebenen Impfstoff an Entwicklungsländer weiterzugeben.
Pandemrix wird nicht - wie sonst üblich - in fertigen Einzeldosen geliefert, sondern Antigen und Adjuvans getrennt in Flaschen, die dann in der Arztpraxis zusammengemischt werden müssen. Dieses Verfahren zielt auf groß angelegte Reihenimpfungen im Fall einer Pandemie. Wird eine angebrochene Flasche nicht innerhalb eines Tages verimpft, muss der Rest des Impfstoffes entsorgt werden. Bei geringer Nachfrage drohen also Teile des Impfstoffes zu verfallen.
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Wo finde ich unabhängige Informationen?
Im Internet gibt es zahllose Informationen zur Schweinegrippe. Nicht alle diese Informationen sind seriös und unabhängig inbesondere von den Impfstoffherstellern. Wir haben daher wichtige Informationsquellen zusammengestellt.
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