Fortsetzung

Nicht nur aus den Erfahrungen mit dem Warnow-Tunnel in Rostock, sondern auch aus den Erfahrungen mit der Öresundbrücke wissen wir, dass die Prognosen allesamt nicht eingetroffen sind. Denn auch sieben Jahre nach der Einweihung bevorzugen am Öresund mit 1,5 Mio. PKW und 285.000 LKW pro Jahr mehr Kraftfahrzeuge das Schiff als die Brücke, die nur 1,3 Mio. PKW und 77.000 LKW nutzen. Kein Wunder, dass potentielle Geldgeber fordern, dass mit dem Bau der Fehmarnbelt-Brücke der Fährbetrieb eingestellt werden soll.

Unabhängig davon, dass diese Forderung gegen das Wettbewerbsrecht der EU verstößt und deshalb unrealistisch ist, zeigt diese Forderung einmal mehr, auf welch tönernen Füßen die angeblich positive Wirtschaftlichkeit eigentlich steht und wie überflüssig das insgesamt 7 Mrd. ? teure Prestigeprojekt in Wirklichkeit ist.

Stattdessen müsste die Schienenverbindung Rostock-Berlin für Güterzüge mit einer Achslast von 25 Tonnen und dem europäischen Zugsicherungs- und Signalsystem ERTMS ertüchtigt werden. Damit wäre die kürzeste Verbindung von Berlin in die Hauptstädte der Nachbarländer ? Kopenhagen, Stockholm, Oslo - sehr attraktiv. Diese Strecke ist nämlich nicht nur Bestandteil des europäischen Nord-Süd-Güterverkehrs-Korridors B, Neapel-Berlin-Stockholm. Sie ist auch mit dem wichtigen West-Ost-Güterverkehrs-Korridor: Duisburg-Berlin-Warschau verbunden, der nach Antwerpen bzw. nach Tallinn verlängert werden soll. Es ist ein Skandal, dass der Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Rostock trotz nationaler und europäischer Verpflichtungen immer wieder verschoben wird.

Die Region Schleswig-Holstein/Ostdänemark/Südschweden wächst auch ohne das gigantische Fehmmarnbelt-Brückenbauwerk immer enger zusammen. Seit sechs Jahren fahren moderne Doppelendfähren auf der sogenannten "Vogelfluglinie" Puttgarden-Rødby rund um die Uhr, 96 mal (!) am Tag, das ganze Jahr. Die Überfahrt dauert nur 45 Minuten. Die Schiffe wurden mehrmals so umgebaut, dass sie zusätzlich PKW und LKW mitnehmen können. Die Wartezeiten wurden fast vollständig abgebaut, eine fließende Brücke ist entstanden. Die Fähren sind rund um die Uhr im Einsatz und sehr zuverlässig. Kein Wunder, dass schon heute viele Menschen aus Dänemark tagsüber Kiel, Lübeck oder Hamburg und umgekehrt besuchen.

Da mit der Fehmarnbelt-Querung nicht nur eine Bahnverbindung sondern auch eine Straßenbrücke gebaut werden soll, würde eine Verlagerung auf die Schiene nicht stattfinden. Im Gegenteil: Wegen der unfairen Wettbewerbsbedingungen, die den LKW-Verkehr immer noch begünstigen, würde der LKW-Verkehr zwischen Skandinavien und Ost-Europa mit kilometerlangen Umwegen über Schleswig-Holstein gezogen. Das wäre auch ökologisch unsinnig, weil die Menschen in diesen touristisch orientierten Regionen an der Ostseeküste massiv durch Lärm, Stau und Abgasen belastet würden. Denn der Güterverkehr, den die Rahmenbedingungen geradezu auf die Straße drängen, wird mehr und mehr zu einer schweren Belastung für die Umwelt, die längst verheerende Folgen zeigt: Laut einer Studie der EU sterben in Folge der Luftverschmutzung in Europa jährlich mehr als 300.000 Menschen. Der Schwerlastverkehr ist einer der Hauptverursacher der gefährlichen Feinstäube und hat. Gleichzeitig erhöht sich der CO2-Ausstoss, obwohl die EU sich im Kyoto-Protokoll verpflichtet hat, diesen im Vergleich zu 1990 um 8 % zu verringern.

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