Transplantationsregister

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben in der letzten Wahlperiode viel darüber debattiert, welche Schlüsse aus den Skandalen in der Transplantationsmedizin zu ziehen sind. Dabei hatten wir stellenweise sehr unterschiedliche Vorstellungen. Einig waren sich alle damals im Bundestag vertretenen Fraktionen aber in einem Punkt: Wir brauchen ein Transplantationsregister. Wir brauchen es, um Qualität, Evidenz und Kontrolle der Transplantationsmedizin zu verbessern.

Die Bundesregierung hat sich mit der Umsetzung dieser Forderung reichlich Zeit gelassen, fast drei Jahre. Das kann sinnvoll sein, wenn denn ein entsprechend gutes Gesetz dabei herauskommt. Im vorliegenden Fall ist das Ergebnis allerdings dürftig. Die Bundesregierung scheut mit ihrem Gesetzentwurf wieder einmal davor zurück, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen. Sie überlässt die Ausgestaltung des Registers den Interessenvertretern der Selbstverwaltung. Sie mag nicht einmal selbst entscheiden, wo das Transplantationsregister angesiedelt werden soll. Auch den Datenschutz überlässt sie weitgehend der Selbstverwaltung; nicht einmal eine BSI-Zertifizierung der verwendeten Netze und Anwendungen ist vorgeschrieben.

Bei der Finanzierung entzieht sich die Bundesregierung ebenfalls ihrer Verantwortung. Nach dem vorliegenden Entwurf sollen die Kosten für das Transplantationsregister von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Die private Krankenversicherung wird von der Bundesregierung geschont: Ihre finanzielle Beteiligung bleibt komplett freiwillig. Eigentlich gibt die PKV ja immer an, sie würde das gesetzliche System querfinanzieren. Hier ist es aber umgekehrt: Nach der von der Bundesregierung geplanten Regelung muss im Zweifelsfall die gesetzliche Krankenversicherung auch die Kosten für die Datenübermittlung von Privatversicherten übernehmen. Selbst wenn sich die PKV finanziell nicht beteiligt, erhält die PKV das volle Mitspracherecht bei der Ausgestaltung des Registers. Das ist anders als bei den Klinischen Krebsregistern, die nach dem Grundsatz „quid pro quo“ funktionieren. Wir Grünen haben die Bundesregierung gefragt, warum sie das beim Transplantationsregister nicht genauso hält. Eine einleuchtende Antwort konnte sie uns nicht geben.

Warum aber die Bundesregierung die Krankenkassen von Lebendspendern bei der Finanzierung mit in die Verantwortung nehmen will, leuchtet überhaupt nicht ein. In den letzten Jahren haben wir viele Gesetzesänderungen beschlossen, durch die Lebendspender von den finanziellen Nachteilen, die sie durch ihr selbstloses Handeln erleiden, möglichst freigestellt werden. Ihr Vorschlag zeigt nun in die entgegengesetzte Richtung.

Auch Ihre Vorschläge zur Forschung sollten Sie noch einmal überarbeiten: Paragraf 15 g Ihres Entwurfs regelt die Herausgabe von pseudonymisierten Daten für Forschungszwecke. Sie wollen, dass über die Herausgabe dieser Daten – und damit letztendlich über Hopp oder Top eines bestimmten Forschungsvorhabens – nicht etwa eine neutrale Instanz entscheidet. Nein, dies soll der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung tun, gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Bundesärztekammer. Dass diese Akteure bei einzelnen Vorhaben durchaus befangen sein könnten, wird geflissentlich übersehen. Und warum bei solchen Entscheidungen wieder einmal die private Krankenversicherung einbezogen werden soll, nicht aber der Bundesdatenschutzbeauftragte, ist mir schleierhaft. Als Hüter von Patienteninteressen sind die vorgenannten Institutionen in der Vergangenheit jedenfalls nicht gerade aufgefallen. Warum kann das Register nicht selbst über die Herausgabe entscheiden, wie das noch in Ihrem Referentenentwurf vorgesehen war? Oder warum übertragen Sie es nicht auf eine neutrale Instanz?

Sie haben in dem nun vor uns liegenden Gesetzgebungsverfahren noch gute Gelegenheit, alle diese Fehler zu korrigieren. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Nutzen Sie diese Möglichkeit in konstruktiver parlamentarischer Arbeit.