Rede zu Krankenhausinfektionen

Der Antrag, über den wir heute diskutieren, greift ein wichtiges Thema auf: Krankenhausinfektionen, insbesondere solche mit multiresistenten Keimen, können bei den Betroffenen großes Leid verursachen, sie können ihre Gesundheit auf Dauer schädigen, und sie können sie im schlimmsten Fall das Leben kosten. Deshalb ist es zunächst einmal zu begrüßen, dass sich auch die Politik darüber Gedanken macht, welchen Beitrag sie dazu leisten kann, dieses Leid zu verhindern.

Zunächst muss man aber eine Tatsache berücksichtigen: Da wir es hier mit biologisch aktiven und auch wandlungsfähigen Keimen zu tun haben, werden wir solche Infektionen nie umfassend und komplett verhindern können. Es gilt aber, die Gefahr so weit zu reduzieren, wie es in unserer Macht steht. Dänemark macht dies in beeindruckender Weise vor. Hier in der Bundesrepublik besteht hingegen noch Nachholbedarf. Seit 1990 ist beispielsweise die Zahl der MRSA-Infektionen in Kliniken deutlich angestiegen, von 1,7 auf 32 Prozent.

Unabhängig von der Frage, ob die von den Linken im vorliegenden Antrag vorgeschlagenen Lösungen die Infektionsgefahr signifikant verringern können, muss man sich eines Problems bewusst werden: Wir haben es hier mit einer enormen Zersplitterung von Verantwortlichkeiten zu tun - nicht nur rechtlich, sondern auch in der praktischen Umsetzung. Der vorliegende Antrag vermittelt den Eindruck, dass es in der alleinigen Macht des Bundes stehe, die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen und so die Infektionsgefahr zu verringern. So wünschenswert dies in diesem Fall vielleicht wäre, weil es die Sache einfacher machen würde, so wenig stimmt es. Natürlich hat der Bund im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes Möglichkeiten, auf die Ausbreitung bestimmter Erreger Einfluss zu nehmen. Es bleibt allerdings die Frage, ob Maßnahmen in diesem Kompetenzbereich - wie beispielsweise die vorgeschlagene Einführung einer Meldepflicht - wirklich ausreichen.

Die personelle und materielle Ausstattung der Krankenhäuser, wie beispielsweise auch der Einsatz von Hygienefachkräften und -fachärzten, liegt in der Zuständigkeit der Länder und der Krankenhausträger. Die Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen liegt hingegen in der Hand der Krankenhausleitung, die Kontrolle in der Verantwortung des jeweils zuständigen Gesundheitsamtes. Die Ausstattung der Gesundheitsämter, damit sie ihre Aufgabe wahrnehmen können, liegt wiederum in der Verantwortung der Länder.

Dazu kommt: Viele Übertragungswege können - auch durch gesetzliche Regelungen oder Aktionen wie "Saubere Hände" oder "HAND-KISS" - nicht beseitigt werden, wenn die einzelnen Akteure nicht mitziehen. Die Einhaltung von bereits existierenden Hygienevorschriften wie den Richtlinien des Robert-Koch-Institutes zur Prävention von MRSA oder das verantwortungsvolle Verschreiben von Antibiotika liegt in der Hand der Ärzte und des Pflegepersonals. Eine entsprechende Weiterbildung der Ärzte, dieser Verantwortung auch gerecht zu werden, ist Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung.

Wir haben es also mit einem mehr oder weniger erfolgreichen Zusammenwirken vieler Faktoren zu tun. Dies erkennt man auch an folgender Tatsache: Die Verbreitung von multiresistenten Keimen ist nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern teilweise auch von Region zu Region und von  Krankenhaus zu Krankenhaus unterschiedlich. Hier könnte zwar die Einführung einer Meldepflicht den Vorteil bringen, das Bewusstsein in einigen Kliniken oder Regionen zu schärfen, gezielter auf die Einhaltung der Hygienevorschriften zu achten. Für eine wirkungsvolle Prävention aber brauchen wir gezielte Maßnahmen wie beispielsweise Screeningprogramme, eine konsequente Desinfektion oder den Einsatz von Hygienefachkräften und -fachärzten. Berlin, Bremen und Sachsen ebenso wie ein Modellprojekt im Raum Münster machen uns vor, wie man dadurch gezielt Krankenhausinfektionen verhindern kann.

Eine generelle  Änderung der Situation können wir nur herbeiführen, indem wir alle diese Verantwortungsträger einbeziehen. Ein Alleingang des Bundes ist hier schwer möglich. Der Bund könnte aber Initiator einer konzertierten Aktion der Gesundheitsministerkonferenz werden, damit entsprechende personelle, materielle und organisatorische Ressourcen in Krankenhäusern und Gesundheitsämtern realisiert werden. Langfristig werden dadurch Kosten gesenkt und vor allem das mögliche Leid vieler Betroffener verhindert.