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Rede ging zu Protokoll
Man könnte meinen, der Protest der Krankenhäuser auf der Straße ist gehört und anerkannt worden. Aber ist dieser Protest auch verstanden worden? Daran lässt sich bei der Lektüre dieses Gesetzentwurfes durchaus zweifeln. Der Gesetzentwurf ist keine wirksame Therapie des Patienten Krankenhaus. Herausgekommen sind allenfalls ein paar schmerzstillende Pflaster. Uns liegt ein Gesetzentwurf vor, der alles andere als ein Ergebnis vorausschauender Politik ist. Er ist allenfalls eine Feuerwehraktion gegen lodernde Proteste.
Nehmen wir als Beispiel die Investitionsfinanzierung. Hier haben Sie fast eine Punktlandung beim Status Quo hingelegt. Zwar steht der Einstieg in eine pauschalierte Förderung zumindest auf dem Papier. Entscheidend ist doch aber, ob die Länder der Verpflichtung nachkommen, Investitionsmittel in ausreichender Höhe bereitzustellen. Es bleibt zudem in der Praxis völlig den Ländern überlassen, in welchem Maße sie künftig von der Pauschalförderung Gebrauch machen werden. Für die meisten Krankenhäuser wird sich also nichts ändern. Der Investitionsstau im zweistelligen Milliardenbereich bleibt erhalten, mit all den schlimmen Folgen vor allem für die kommunalen und freigemeinnützigen Krankenhäusern. Denn bislang konnten von den Defiziten in der jetzigen Investitionsförderung vor allem die privaten Träger profitieren. Lukrative Krankenhausübernahmen werden ihnen erleichtert. Ihre Investitionen werden mitunter großzügiger aus öffentlichen Mitteln gefördert als bei öffentlichen Krankenhäusern. Das Ergebnis ist, dass dem Gesundheitssystem Gewinne im zweistelligen Prozentbereich entzogen werden.
Eine Mogelpackung ist der Vorschlag zum Wegfall der Grundlohnanbindung. An die Stelle der Grundlohnrate soll nach Ihren Vorstellungen ein Orientierungswert treten, der durch das Statistische Bundesamt ermittelt wird. Bis dahin klingt das ganz gut. Erst das Kleingedruckte offenbart, was Sie wirklich im Schilde führen: Das Bundesgesundheitsministerium soll künftig per Rechtsverordnung darüber entscheiden, ob dieser Orientierungswert sich vollständig, nur zu einem Teil oder vielleicht auch gar nicht auf die künftigen Krankenhauspreise auswirken wird. An die Stelle des alten Deckels tritt ein neuer Budgetdeckel, den Sie nach Belieben bestimmen können. Sie wollen sich künftig selbst auf den Deckel setzen können, wenn es Ihnen politisch gerade passt. Nachdem Sie bereits den Beitragssatz der Krankenkassen vor allem mit Blick auf die Wahlen im nächsten Jahr festgelegt haben, wollen Sie jetzt die Preise im stationären Sektor ebenso willkürlich bestimmen. Wo soll das enden? Wollen Sie künftig in Ihrem Hause auch über die Wirksamkeit von Arzneimitteln und von ärztlichen Behandlungsmethoden entscheiden?
Problematisch ist auch das vorgesehene Programm zur Förderung neuer Pflegestellen im Krankenhaus, das Sie hier mit viel Pomp gefeiert haben. Es ist zwar zu begrüßen, dass Sie nun endlich auf den Abbau von fast 50 000 Stellen in den letzten zehn Jahren reagieren. Dass es Ihnen damit wirklich ernst ist, kann man aber bezweifeln. Schließlich sind nach der Ansicht ihres Kronzeugen in Sachen Krankenhauseffizienz, McKinsey, vor allem diejenigen Krankenhäuser besonders leistungsfähig, die besonders wenig Personal haben.
Es ist im Übrigen zu befürchten, dass von diesem Programm vor allem diejenigen Krankenhäuser profitieren werden, die in der Vergangenheit viele Pflegestellen abgebaut haben und deswegen heute schwarze Zahlen schreiben können. Belohnen wir also damit nicht genau diejenigen, die in den letzten Jahren besonders rabiat Gewinne auf dem Rücken der Patienten und des Personals eingestrichen haben? Woher sollen Krankenhäuser die Kofinanzierung hernehmen, die wie die Schwerpunktkrankenhäuser oder Unikliniken zwar einen besonders hohen Pflegeaufwand haben, aber wegen der Benachteiligung in der DRG-Finanzierung – Stichwort Sonderentgelte – bislang benachteiligt sind.
Ohnehin beschleicht mich hier und auch an anderen Stellen mittlerweile der Eindruck, dass Ihr Herz vor allem für McKinsey und die privaten Krankenhausträger schlägt. Nicht umsonst empfiehlt uns zum Beispiel Frau Caspers-Merk die zweistelligen Umsatzrenditen, die private Krankenhausträger inzwischen erwirtschaften, als erstrebenswerte Blaupause für alle anderen Krankenhäuser im Lande. Sprechen Sie einmal mit Betriebsräten und Gewerkschaftern in diesen Krankenhäusern. Ich bezweifle, dass Sie dann immer noch der Auffassung sind, dass solche Renditeerwartungen gut für die Patienten und das Personal sind.
Alles in allem finde ich, dass in den Ausschussberatungen noch kräftig nachgebessert werden muss, damit am Ende für die Patientinnen und Patienten etwas Vernünftiges herauskommt. Dies gilt vor allem für die Investitionsfinanzierung und die Budgetbegrenzung. Zumindest im Detail verbesserungswürdig sind zudem Ihre Vorschläge zur Umsetzung der Psychiatrie-Personalverordnung. Hier sind verbindliche Schritte für die vollständige Umsetzung der Verordnung bis 2012 nötig. Damit im Zusammenhang steht auch die beabsichtigte Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems für psychiatrische Einrichtungen. Der Vorschlag ist bislang zu unkonkret. Und es ist nicht auszuschließen, dass Fehlanreize zulasten von Patientinnen und Patienten entstehen.
Lassen Sie mich noch ein paar Anmerkungen zum Thema Aus- und Weiterbildung machen. Es ist richtig und wichtig, dass mit dem Gesetzentwurf hierauf reagiert wird. Aber es kommt sehr darauf an, die dafür kalkulierten Mittel dann auch zielgenau einzusetzen. Das schließt meiner Ansicht nach eine pauschale Finanzierung über das DRG-System, wie aktuell, aus.
So richtig es war und ist, immer wieder auch Effizienzreserven zu erschließen, führt doch kein Weg an einer besseren Finanzierung des Gesundheitssystems vorbei. Und in dieser Frage hat die Koalition in den vergangenen drei Jahren wahrlich versagt.
Hier finden Sie alle gesundheitspolitischen Reden und Anträge sowie Kleinen Anfragen aus der 17. Wahlperiode.