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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Der Kollege Harald Terpe spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen.
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt aber einmal ein bisschen was Sachliches! Wenn er will, dann kann er! – Otto Fricke [FDP]: Er ist ein sehr sachlicher Mensch!)
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist die Aufgabe einer Regierung, vereinbarte internationale Vorschriften in deutsches Recht umzusetzen, zumal dann, wenn dies längst überfällig ist.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ja, genau!)
In diesem Sinne ist der Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften wenig spektakulär. Spektakulärer finde ich es da schon, sich vorzustellen, wie der Gesundheitszustand von Tausenden Passagieren auf Kreuzfahrtschiffen überprüft werden soll, möglicherweise sogar ohne ärztliche Expertise.
Wir haben ja bekanntermaßen einige international bekannte Kreuzfahrtschiffhäfen. Das führt mich dazu, an die Verantwortung des Bundes, aber auch der Länder dafür zu appellieren, dass es sich beim Katastrophenschutz an solchen internationalen Drehscheiben natürlich nicht nur um den herkömmlichen Katastrophenschutz handeln darf, den man ja sonst regional definieren kann. Die Internationalen Gesundheitsvorschriften sind vielmehr geradezu die Antwort auf eine mögliche Pandemie oder Epidemie aufgrund von Infektionen. Deshalb sind hier natürlich besondere Finanzierungsgrundlagen notwendig, die man – darauf möchte ich schon jetzt hinweisen – immer wieder einmal evaluieren muss; denn es sollen ja besondere Fazilitäten in den entsprechenden Hafenstädten bzw. auch an den Flughäfen vorgehalten werden.
Gut und im fachlichen Zusammenhang auch naheliegend ist, dass in diesem Artikelgesetz auch aktuelle Erfahrungen mit bestimmten Infektionserkrankungen aufgegriffen werden. Wir haben hier ja schon an verschiedenen Stellen von der Ehec-Infektion gehört. Deswegen sind die substanziellen Änderungen im Infektionsschutzgesetz auch zu begrüßen. Das betrifft besonders die Verkürzung der Meldefristen, was ja auch genannt worden ist.
Ich finde, es ist berechtigt, hier anzumerken, dass es nicht darum gehen kann, jetzt noch zu fragen, ob wir elektronische Medien bei der Informationsübermittlung benutzen, sondern es geht darum, wie und vor allen Dingen wie schnell wir sie benutzen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich denke deshalb, dass die Verbesserung der Übermittlung mit solchen elektronischen Mitteln möglichst zeitnah etabliert werden muss. Eine Erprobung zu ermöglichen, ist sicher nicht verkehrt. Aber geht es nicht auch ein bisschen engagierter?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Internationale Gesundheitsvorschriften sind ein geeignetes Instrument zum Beispiel für international abgestimmte Infektionsprävention. Sie erfordern aber auch eine nationale Einflussnahme und eine permanente Evaluation. Deshalb möchte ich am Schluss noch einen konstruktiven und kritischen Diskussionsprozess darüber anregen, wie wir zukünftig mit der internationalen Pandemiedefinition und -empfehlung umgehen, die beispielsweise im Fall der Schweinegrippe zu teils hysterischen Reaktionen geführt hat – nicht ohne vermeidbare finanzielle Folgen, beispielsweise für die Bundesländer.
Wie steht es also mit der kritischen Aufarbeitung des Umgangs mit der Vogel- und der Schweinegrippe? Sind wir schon so weit? So etwas muss man im Zusammenhang mit Infektionsschutzgesetzen natürlich auch immer wieder diskutieren: Haben wir die nationalen Pandemiepläne entsprechend flexibilisiert und sind von den starren Warnstufen der WHO abgegangen? Da haben wir eine besondere Verantwortung: Wenn wir der Meinung sind, dass die Pandemiestufen der WHO auch den Schweregrad einer Erkrankung berücksichtigen müssen, dann müssen wir den Diskussionsprozess international anregen.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Ich denke, wir haben, was die Pandemie betrifft, noch eine Menge über Pandemievorsorge zu diskutieren und darüber, ob die Patientinnen und Patienten bei uns im Lande entsprechend gesundheitsgeschützt sind. In einer Passage des Arzneimittelgesetzes wird darauf abgehoben, dass man in besonderen Fällen Arzneimittel verwenden kann, für die noch keine Zulassung vorliegt.
(Jens Ackermann [FDP]: Im Ausnahmefall!)
Ich glaube, dass wir hiermit sehr sensibel umgehen müssen. Das darf kein Einfallstor für eine geringere Kontrolle der entsprechend anzuwendenden Impfstoffe und Arzneimittel sein.
Wir können aus dieser Debatte mitnehmen, dass wir in Pandemie- und Epidemiefällen einen erheblichen Diskussions- und Entscheidungsprozess vor uns haben.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)