Krebsfrüherkennung

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Dr. Harald Terpe für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Regierung kann sich glücklich schätzen, wenn sie die Chance bekommt, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen, insbesondere was die Frage der Einführung oder der Stärkung der Krebsregister betrifft. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es in der deutschen Geschichte auch gute Vorläuferbeispiele gibt. Insbesondere die epidemiologischen Krebsregister, die in den ostdeutschen Bundesländern, aber auch in einigen westdeutschen Bundesländern geführt werden, kann man als Basis für die Weiterführung dieses Krebsregisters nehmen.

Ein Meilenstein an dieser Stelle ist für meine Begriffe jedoch die Stärkung der klinischen Krebsregister. Ich selbst habe während meiner beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit gehabt, in Mecklenburg-Vorpommern sowohl ein epidemiologisches als auch ein klinisches Krebsregister für Forschungsarbeiten und für die Patientenbetreuung zu nutzen. Ich kann nur sagen, dass wir an dieser Stelle wirklich – auch wenn es schon Freitagnachmittag ist und kaum noch einer zuhört – einen Meilenstein setzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will auf der anderen Seite noch einige Punkte aufgreifen, bei denen wir in der Ausschussberatung an dieser oder jener Stelle vielleicht noch etwas nachbessern können. Wir wissen ja, dass die Weltgesundheitsorganisation davon ausgeht, dass man 30 Prozent der Krebs-erkrankungen durch Prävention verhindern kann. Im Gesetz ist zugegebenermaßen zwar etwas zur Prävention ausgeführt, aber da geht es im Wesentlichen um die Sekundärprävention, zu der ich nachher noch etwas sagen werde. Die Primärprävention wird jedoch an keiner Stelle erwähnt. Es gilt aber auch die Primärprävention zu stärken. Wir finden, sie muss, gerade was die Krebs-erkrankungen betrifft, auch finanziell unterlegt sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie gehen in Ihrem Gesetzentwurf auf die Ausweitung der Früherkennungsuntersuchungen ein und wollen die Sekundärprävention stärken. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Nutzen und Qualität von Früherkennungsmaßnahmen nachgewiesen sein bzw. von Zeit zu Zeit überprüft werden müssen.

Auch hierzu wird im Gesetzentwurf an einigen Stellen etwas ausgeführt, beispielsweise dass alle zwei Jahre evaluiert werden muss. Wir wissen, dass Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebsvorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Krebsfrüherkennung bereits einen festen Platz im deutschen Gesundheitssystem haben. Aber mangelnde Sensitivität oder Spezifität, auch falsche Befunde, Überdiagnosen und Übertherapien können den Nutzen für die Patientinnen und Patienten reduzieren oder schlimmstenfalls den Patienten sogar schaden. Das ist allen in der Fachwelt bekannt. Deswegen hat die EU-Kommission zu Recht empfohlen, neue Krebsfrüherkennungsuntersuchungen erst dann einzuführen, wenn sie randomisiert in kontrollierten Studien evaluiert worden sind.

Insofern haben wir als Gesetzgeber natürlich Sorge zu tragen, dass Krebsfrüherkennung durch entsprechende Studienbelege und Begleitforschung gerechtfertigt wird, beispielsweise für Darmkrebsfrüherkennung, Darmspiegelungen und Stuhluntersuchungen. Ein Einladewesen wird erst dann sinnvoll, wenn man es auf eine solche Basis stellt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf etwas hinweisen – auch das wurde schon angesprochen –, das wir kritisieren und wo wir noch eine Änderung herbeiführen wollen: Das Prognos-Institut hat empfohlen, bei der -Finanzierung dieses Vorhabens nicht nur die gesetzlichen Krankenkassen, sondern auch die privaten Krankenkassen einzubeziehen. Nun wird formuliert, diese könnten sich ja auf freiwilliger Basis beteiligen. Ich glaube, das ist zu wenig. Wir müssen uns immer wieder fragen: Welche Interessen vertreten wir denn eigentlich als Gesetzgeber, als Abgeordnete?

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)